Werbetechnik hoch zwei: 2 Frauen, 2 Firmen

Wie es der Zufall so will: Just ein Tag nach dem internationalen Frauentag findet unser Besuch bei zwei Werbetechnik-Fachfrauen statt. Gina Meister und ­Alexandra Mangold sind Inhaberinnen der mema Werbetechnik in Schlattingen und der VMK in Schaffhausen. Reale Frauenpower jenseits des Frauentags – zwei Frauen vom Fach, die souverän ihren Weg in einem handwerklich geprägten Beruf gehen.

Zwei Frauen für alles, was es in diesem Metier zu tun gibt. Eine Aufgabenteilung existiert bei den beiden nur insofern, als dass die eine etwas mehr Administratives macht als die andere. Ansonsten legen sie bei allem, was mit dem Werbetechnik-Handwerk zu tun hat, gemeinsam in gleichem Masse Hand an. Das allein ist schon speziell, ebenso wie die Tatsache, dass die beiden über zwei Firmen an verschiedenen Standorten gebieten.

Vergleich mit dem Farbfächer.

Gegründet haben die beiden Fachfrauen ihre mema Werbetechnik in Schlattingen im Mai 2018. Ihre berufliche Ausbildung abgeschlossen hatten sie bereits 1994 bzw. 1999. Somit waren sie bei der Gründung ihres Unternehmens längst keine «Greenhorns» mehr. Und sie haben die für die Firmengründung erforderliche Infrastruktur wie Plotter, Digitaldruck, EDV, Werkzeug etc. gänzlich «aus eigener Tasche gestemmt».

«So kam das Ganze ins Rollen»
Wie aber kam es zu den beiden Geschäftsdomizilen Schlattingen und Schaffhausen? «Den ehemaligen Besitzer der VMK in Schaffhausen, Michael Kramer, kannten wir seit längerer Zeit. Fast genau zum Zeitpunkt unserer Firmengründung trat er an uns heran und fragte, ob wir Interesse hätten, seine Firma zu übernehmen», schildert Gina Meister. «Diese Anfrage überschnitt sich zeitlich mit unserer Firmengründung in Schlattingen», ergänzt Alexandra Mangold, «wir zögerten darum zunächst mit dem Entschluss, die VMK zu übernehmen.»

Als Michael Kramer kurz darauf schwer erkrankte (er ist leider mittlerweile verstorben), drängte sich dieser Entschluss fast auf. Gina Meister: «In dieser Zeit arbeitete ich hin und wieder bei ihm, um ihm auszuhelfen, da er krankheitsbedingt Ausfälle hatte. So kam das Ganze ins Rollen. Es war ihm ein grosses Anliegen, dass wir seinen Betrieb übernehmen.»

Somit wurde die VMK im Oktober 2020 in die mema Werbetechnik in Schlattingen integriert und die in Schaffhausen tätigen Mitarbeiter verantwortungsvoll übernommen. Dort arbeiten Pascal Sidler als Atelierchef und Jérôme Braun, der kurz vor seinem Lehrabschluss steht, als Gestalter Werbetechnik. Alexandra Mangold: «Noch befinden wir uns in einem Entwicklungsprozess, stimmen die beiden Unternehmen aufeinander ab, aber es funktioniert schon gut.»

Wer die Wahl hat, hat die Qual: Arbeitsbeispiele, unterschiedliche Wirkung mit unterschiedlichen Druckträgern.

Synergien und Standortnutzen
Zwei Firmen, zwei Standorte, einer im Kanton Thurgau, einer im Kanton Schaffhausen: Das ergibt zwei Kundenkreise. «Es durchmischt sich jetzt natürlich auch einiges. Wir in Schlattingen waren aber bereits vorher schon recht aktiv in Schaffhausen unterwegs. Diesen Standort wollen wir dennoch separat aufrechterhalten, wir haben dort gute Laufkundschaft. Und hinzu kommen Aufträge der öffentlichen Hand, die wir innerhalb des Kantons erfüllen müssen», sagt Gina Meister. So ergeben sich Synergien und Standortnutzen. Die beiden Firmen unter einem Namen zu vereinen, habe vorerst noch keine Priorität, obschon beide Unternehmen in ihren Angeboten «deckungsgleich» sind.

«Ob Industrie, Gewerbe, Dienstleistungsbetrieb, Verein oder Bauherrschaft: die Werbung unserer Kunden ist unser Anliegen», so das Credo der Unternehmerinnen. «Von der Beratung, Produktion bis hin zur Montage realisieren wir Innen- und Aussenwerbung.» Dazu zählen Beschriftungen für Areale, Fahrzeuge, Fassaden, Firmen und Schaufenster, aber auch Bautafeln, Fassadenbanner sowie witterungsbeständige Signaletik für Strassenschilder, Stelen, Pylone, Stadt- oder Gebäudesysteme. Spezialitäten sind unter anderem Folien für den Sicht-, Hitze-, Einbruchs- und Splitterschutz.

«Click Film»
Ganz neu im Angebot sind elektronisch schaltbare Sichtschutzfolien, die mit Flüssigkristallen funktionieren. «Wir sind eine der Ersten in der Region und bereits dafür zertifiziert», sagt Gina Meister. «Der erste Kunde für ‹Click-Film›, so heisst das neue System, ist bereits vorhanden. Wenn der Strom ausgeschaltet ist, erscheint die Folie undurchsichtig milchig, es ergibt sich Sichtschutz. Wird der Strom eingeschaltet, wird die Folie durchsichtig.»

Gibt es auch so etwas wie Highlights; ­Projekte, auf die sie stolz sind? Alexandra Mangold: «Unter anderem darauf, einen Pharmakunden umfassend betreuen zu dürfen. Da haben wir alles gemacht, vom Sichtschutz über Etagen- und Türbeschriftungen, 3-D-Buchstaben, das ganze Programm, innen und aussen, und wir sind immer noch dabei, laufend gibt es zusätzliche Aufgaben. Aber wir wollen es nicht bei diesem Beispiel bewenden lassen. Viele KMU und Handwerker zählen zu unseren Kunden. Wir produzieren und applizieren kontinuierlich Autobeschriftungen für Handwerkerfirmen.»

Diese Vielfalt im Kundenbereich erfordert eine vielfältige Infrastruktur, beispielsweise Grossformatdrucker. Einer steht in Schlattingen, zwei in Schaffhausen. Dasselbe gilt für Schneideplotter, wiederum einer in Schlattingen, zwei in Schaffhausen. «Das sind unsere Hauptgeräte. Was wir hier in Schlattingen zudem haben, sind Transferpressen für die Textilbeschriftung. Ein Bereich, der sich bei uns gut entwickelt», ergänzt Gina Meister.

Mehr als ein Transportmittel – das Firmenfahrzeug als mobile Werbefläche.

Trends kommen und gehen auch in der Werbetechnik
Gibt es so etwas wie Trends in der Werbetechnik? Alexandra Mangold nimmt Stellung: «Wir können zurzeit eigentlich keinen benennen, sie sind eher am Abflauen. Wandtattoos waren mal im Trend, das ist passé. Was wieder ein bisschen aufkommt, sind Fototapeten. Die können wir hier bedrucken und aufkleistern. Wir schwören auf die klassische Art und Weise mit Kleister. Beschriftete Acrylglas-Schilder könnte man vielleicht als Trend ausmachen, als Alternative zu den Aluminium-Schildern. Damit sind für uns auch sehr viele Montagearbeiten verbunden. Acrylglas-Schilder sehen einfach edler aus als Aluminium-Schilder, sie geben optisch viel mehr her.»

Aber da gibt es noch etwas, wodurch man sich in Schlattingen von Mitbewerbern unterscheidet: Schablonier-Arbeiten. «Schablonieren, also Gebäudebeschriftungen direkt auf Fassaden, das haben wir noch als Handwerk in unserer Lehrfirma gelernt», präzisiert Gina Meister. Siebdruck dagegen führen die beiden Unternehmerinnen nicht im Sortiment, der Digitaldruck habe den Siebdruck grösstenteils verdrängt.

Klappern gehört zum Handwerk, inkl. Kreativität
Die Tätigkeit der beiden Firmen beschränkt sich nicht allein auf das Technische. Auch grafisch kann sich sehen lassen, was in Schlattingen und Schaffhausen entsteht. Davon zeugen die kreativen Arbeiten, die von beiden Firmen als Referenz zu besichtigen sind. «Die Kunden können mit diffusen Vorstellungen zu uns kommen – mema und VMK übernehmen Satz- und Bildgestaltung. Wir haben häufig Gestaltungsaufträge, kürzlich haben wir sogar Weinetiketten für einen Kunden gestaltet. Auch Logos – heute früh war ein Kunde da, für den wir das Firmenlogo gestalten. Und wenn ein Kunde seinen grafischen Auftritt modernisieren will, besorgen wir auch das Redesign», sagt Alexandra Mangold.

Sitzbank als Eigenwerbung im Rahmen einer Promotion der Stadt Schaffhausen.

Klassiker Fahrzeugbeschriftung
Gina Meister meint dazu: «Das läuft über Garagen, direkt bei uns oder beim Kunden vor Ort. Wir können bei uns hier in der Halle sogar grosse Fahrzeuge – etwa Sattelschlepper – beschriften. Dabei machen wir zuerst Gestaltungsvorschläge, damit der Kunde eine Vorstellung davon erhält, wie das Ganze am Schluss auf der Karosserie aussehen wird.»

Gewisse Unterschiede im Auftragsaufkommen gibt es indes zwischen den beiden Firmendomizilen. Alexandra Mangold präzisiert: «Bei VMK in Schaffhausen produzieren wir beispielsweise mehr Bau- oder Vermarktungstafeln als hier in Schlattingen. Und was wir hier vermehrt haben, sind Werbeblachen und Gitternetze für Baugerüste, davon drucken wir viele. Im Sommer sind dann die Gebäudeglas-, Sichtschutz- und Sonnenschutzfolien wieder ein Thema.»

Alte und neue Techniken
Unter die Rubrik «alte Techniken» fallen zum Beispiel das Vergolden sowie das Auffrischen von Gebäudebeschriftungen, das Schablonieren. Da entpuppt sich die längst vergangene Lehre als Werbetechnikerin, die beide im gleichen Malerbetrieb in Neuhausen absolviert haben, als Aktivposten. Und an beiden Standorten nimmt ebenfalls die Zusammenarbeit mit Werbeagenturen zu.

Unter das Thema «neuere Techniken» fallen Fine-Art-Prints, hochwertige Druckposter für Museen, gedruckt auf speziellen, säurefreien Papieren, verarbeitet mit Handschuhen sowie besonderen Leimsorten und ausgerüstet mit Aufhängevorrichtungen. Ein weiterer aussergewöhnlicher Auftrag waren Touristik-Stelen für die Stadt Schaffhausen, beginnend mit der Erstellung von Prototypen bis hin zur Endproduktion. Aber auch vor Metall schrecken die beiden Firmeninhaberinnen nicht zurück. Alexandra Mangold: «Metall bohren, zuschneiden und montieren gehört zum Handwerk. Nur für komplexere Geschichten ziehen wir den Metallbauer hinzu.»

Die Pink Ladys kommen…
Sogar eine Corporate Identity mit besonderer Hausfarbe haben sich die beiden Unternehmerinnen für ihr Unternehmen verpasst. Die Farbe Pink muss es sein! Die Idee dazu kam auf einer Zugfahrt zu einer Fachmesse nach Stuttgart während der Gründungsphase. Gina Meister: «Wir machten uns Gedanken zu einem Logo und eben – über unsere Arbeitskleidung. Wir wollten etwas Besonderes. Der Funke sprang: Pink als Hausfarbe und Farbe unserer Arbeitskleidung! So etwas gab es auf dem Schweizer Markt nicht, höchstens im Fasnachtsbereich (lacht). Und so suchten und suchten wir, bis wir schlussendlich fündig wurden.» Die Arbeitskleidung der beiden Frauen hat sich mittlerweile zu einem Alleinstellungsmerkmal gemausert – da heisst es schon mal: «Die Pink-Ladys kommen!» Und schliesslich fällt aus aktuellem Anlass noch das Stichwort «Corona-Krise». Wie wirkt sich diese auf den Geschäftsgang aus? Die lakonische Antwort von Gina Meister in spitzem Schaffhauser Dialekt lautet: «Mir merked nüüt!»

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