Von Zeit, Zielführung und Zauberwürfeln

Das aktuelle PUBLISHER-Cover ist etwas für das Auge – und den Kopf: Ein farbenfrohes und gleichzeitig nicht einfach zu erfassendes Werk, das Parallelen in die Vergangenheit, die Gegenwart und die unmittelbare Zukunft schlägt.

Hach, die guten, alten Zeiten: Ein aus den 80er-Jahren bestens bekanntes «Relikt», das sich aber noch immer (fast) ungebrochener Beliebtheit erfreut, ziert das Cover der PUBLISHER-Ausgabe 6-22. Zu erkennen ist – dafür wirst du absichtlich ein wenig Konzentration aufbringen müssen – der König der Knobelspiele, der Rubik’s Cube. Gestaltet hat den Umschlag der aktuellen Ausgabe Smilla Wittwer, Lernende an der Schule für Gestaltung Bern und Biel. Der Druck des Covers erfolgte auf einer Canon imagePRESS V1000.

Augen auf, Welt aus
Ein Zustand vollkommener Trance, der die ganze Welt um dich verstummen lässt und die Konzentration bewusst nur auf die vor dir liegende Aufgabe lenkt: Fokus – also mit aller Kraft eine Angelegenheit in den Mittelpunkt stellen – war das Thema der inzwischen achten Iteration des Canon Graphic Arts Award, den Canon gemeinsam mit der Schule für Gestaltung Bern und Biel und dem PUBLISHER (als Medienpartner) veranstaltete. Durchgesetzt hatte sich nach reiflicher Prüfung durch die fünfköpfige Jury schliesslich das Rubik’s Cube-Exponat von Smilla Wittwer, die mit ihrem Triumph nicht nur das Cover dieser PUBLISHER-Ausgabe stellt, sondern gleichzeitig das Canon Graphic Arts Award Certificate und einen Preis im Wert von 300.- Franken einheimsen konnte.

Canon Graphic Arts Award
In diesem Jahr fand bereits die achte Austragung des Canon Graphic Arts Award statt: Der Wettbewerb wurde 2015 ins Leben gerufen und soll jungen Gestaltungstalenten die Möglichkeiten geben, ihre Arbeit einem breiten Publikum zu zeigen. Das Sujet des Award-Gewinners wird jeweils auf dem Cover des PUBLISHER abgedruckt.
de.canon.ch/business/graphicartsaward


Fokus hoch zwei
Mit ihrem Siegerwerk wollte Wittwer getreu der Zielvorgabe «darstellen, wenn man mental fokussiert ist – und der Rubik’s Cube hat sich dafür gut geeignet». Neben dem Foto vom farbenfrohen Zauberwürfel ist auf dem Siegerumschlag auch ein Bild einer künstlerischen Vektorform mit von der Partie, das mit dem Cube-Foto via Maskierung verschmilzt und den klaren Blick auf den Rubik’s Cube in voller Absicht ein wenig trübt: Das mit Fokus in Verbindung gebrachte Hauptmotiv kann wie einleitend erwähnt nur vollständig erkannt werden, wenn man sich kurz konzentriert – eine raffinierte Umsetzung des Award-Leitthemas, das so gleich doppelt auf dem PUBLISHER-Cover vertreten ist.

Konfusion weicht Begeisterung
Dieses gekonnte Jonglieren mit Unklarheit und Fokus ist auch für Daniel Peter, der mit den Lernenden im 2. Lehrjahr während der Blockwoche am PUBLISHER-Cover gearbeitet hatte, einer der Hauptgründe für den Triumph von Wittwers Exponat: «Unschärfe und Schärfe verschmelzen in spielerischen Formen. Die Farbigkeit und die einfache Formgebung lassen das Objekt, den Rubik’s Cube, gut erkennen. Und doch ist nicht ganz klar, wie und wo dieser im Raum steht und was im Vorder- oder Hintergrund platziert ist.» Auch Andrea Aebersold, die das 3. Lehrjahr Grafikerausbildung – und darunter Gewinnerin Smilla Wittwer – betreut hat, pflichtet Peter bei: «Das Spiel mit der Wahrnehmung macht die Gestaltung spannend.»

Im Flow zur Eingebung
In der Tat: Claudia Leipert, Product Marketing & Business Development Manager bei Canon Schweiz AG, sieht ebenso einen «Neugierde weckenden» Umschlag, bewertet darüber hinaus aber auch Wittwers kreative Voyage – die Reise zum finalen Umschlag – als «sehr spannend». Im Rahmen eines Fotokurses an der Schule für Gestaltung Bern und Biel lichteten die Lernenden des 3. Lehrjahres kleine Objekte ab. Eine Kollegin von Wittwer hatte dafür ein drehbares, leuchtend orangefarbenes Spielzeug für Personen mit ADHS dabei – und die Idee für den von lediglich 5,8 % der Weltbevölkerung lösbaren Rubik’s Cube war geboren. Erste, eher banale Umsetzungen mittels Kamera- oder Augen-Sujet hatte Smilla Wittwer, die insgesamt von einem «organischen Ideenfindungsprozess» berichtet, indes früh verworfen.

Feurig-rot …
… kontrastreich-kunstvoll…
… oder farbenfroh: Drei frühe Cover-Entwürfe von Gewinnerin Smilla Wittwer. Bei allen Vorschlägen wurden – wie auf dem finalen Cover – geschwungene Linien verwendet, um das Bild zu brechen.



Hürden nehmen
Smilla Wittwer, bei der Agentur dbyd in Wabern in Grafikerausbildung, konnte mit dem etwas verworrenen Zauberwürfel, der übrigens in 43 252 003 274 489 856 000 Varianten gedreht werden kann, also auf jeden Fall ein begeisterndes Cover zaubern. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, wie eng die Zeit für die Konzeption und Umsetzung des Umschlagsentwurfs bemessen war: Anders als die zweite Klasse, die im Rahmen einer Blockwoche am Projekt werkeln konnte, hatten Smilla und ihre Kollegen nur wenige Unterrichtslektionen während des laufenden Semesters und einige Stunden im Lehrbetrieb zur Verfügung. Der Rest war in der Freizeit zu erledigen.

«Die Herausforderung war, in einer relativ knappen Zeit und mit wenig Austauschmöglichkeiten – die Lernenden sind einen Tag pro Woche an der Berufsfachschule – ein spannendes, thematisch stimmiges Cover zu gestalten», weiss Aebersold, die im gleichen Zug das Arbeitsethos der Preisträgerin hervorhebt: «Interessant war vor allem zu sehen, dass Smilla Wittwer die Weiterentwicklung und Ausarbeitung selbständig und professionell angegangen ist.»

Herausforderungen für Gehirn und Gesellschaft
Mit dem knapp befüllten Zeitkonto und den limitierten Möglichkeiten zum Gedankenaustausch waren aber auch diese schlussendlich gut gemeisterten Teilschritte für Wittwer kein Zuckerschlecken: Im Gegensatz zur natürlich gedeihenden Ideenfindung stellte sich etwa die Kreation einer «komplementären, aber nicht zu banalen» Rückseite sowie das Herausarbeiten der künstlerischen Vektorgrafik, die dem Zauberwürfel den Fokus wegschnappt, eine Hürde dar.

Apropos Hürden und verlorener Fokus: Das Coversujet fasst mit seiner «unkonzentrierten» Machart auch ein gesellschaftliches Problem auf. Immer mehr Menschen klagen über Zerstreutheit, Konzentrationsschwierigkeiten, geistige Abwesenheit oder Unaufmerksamkeit. Gloria Mark, Informatik-Professor an der University of California in Irvine hat beispielsweise wissenschaftlich beobachtet, wie lange ein Erwachsener im Büro durchschnittlich fokussiert an einer Tätigkeit sitzt: drei Minuten. Und so verleiht der Zauberwürfel – ein doch schon fast 50 Jahre altes Knobelspiel – dem vor dir liegenden PUBLISHER-Umschlag auch eine aktuelle, nachdenkliche Note.

Projektpartner
Bei der Produktion des Covers unterstützten uns folgende Partner, bei denen wir uns herzlich bedanken:

Canon
Veranstalter des Awards
Verantwortlich: Siegfried Alder und
Claudia Leipert
canon.ch

Schule für Gestaltung Bern und Biel
Bildungseinrichtung für den diesjährigen Canon Graphic Arts Award
Verantwortlich: Andrea Aebersold,
Christina Opper, Daniel Peter
sfgb-b.ch

Smilla Wittwer
Gewinnerin des Wettbewerbs
Entwurf, Gestaltung und Konzeption des Covers
smilla.wittwer@solnet.ch

Zeit nehmen, Zeit lassen
Ernő Rubik, der 1974 den Zauberwürfel erfunden und seinen Studenten gegeben hat, um deren räumliches Denkvermögen zu trainieren, hat beim ersten Versuch einen Monat benötigt, um sein eigenes Werk zu lösen. Und vielleicht liegt gerade darin – sich Zeit lassen, geduldig sein – die Lösung vieler Probleme. Speziell jetzt, da die Schneeflocken tanzen, gemütliches Beisammensein bei Fondue lockt und in weiss gehüllte Landschaften zum ausgedehnten Spaziergang einladen, bietet sich das an: Zeit, die Gesellschaft zu geniessen. Zeit, zu entschleunigen. Zeit, den Rubik’s Cube (versuchen) zu lösen. Und natürlich Zeit, sich den – wie von allen Coverpartnern unisono betont wurde – farbenfrohen und damit hoffentlich Freude versprühenden PUBLISHER zu Gemüte zu führen.

Schule für Gestaltung Bern und Biel
Als Kompetenzzentrum für die Berufsbildung gestalterischer und künstlerischer Berufe bietet die Schule für Gestaltung Bern und Biel (SfG BB) ein breites Angebot an Bildungsmöglichkeiten an. Dazu gehören Vor-, Grund-, Vollzeit- und Weiterbildungen oder berufsbegleitende Lehrgänge für gestalterische Tätigkeiten am Arbeitsmarkt. sfgb-b.ch

Canon imagePRESS V1000
Die Canon imagePRESS V1000 leistet eine Druckgeschwindigkeit von bis zu 100 Seiten pro Minute und deckt dabei einen Grammaturenbereich von bis zu 400 g/m2 ab. Weiter bietet das Digitaldrucksystem die Möglichkeit des automatischen, beidseitigen Bedruckens von Langbögen bis 1300 mm Länge, und erreicht eine Auflösung von 2400 x 2400 dpi. Die imagePRESS beinhaltet zahlreiche Automatisierungsfunktionen sowie eine integrierte Kühleinheit, die die Frequenz der Temperaturanpassungen bei jedem Druckbogen reduziert. canon.ch

Canon Schweiz AG
Canon ist ein weltweit führendes Unternehmen für innovative Imaging-Produkte und Lösungen. Dazu gehören neben Fotoapparaten und Drucker unterschiedlichster Ausführungen auch Objektive, Scanner oder Videokameras. Im Zentrum des eigenen Schaffens steht bei Canon die Philosophie «Kyosei» – japanisch für «Zusammen leben und arbeiten für das Gemeinwohl». canon.ch

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