Einstieg ins Color Management

Von Reflexionskurven, Spektralfotometern und Metriken: Das Verständnis des Farbmanagements ist für Berufstätige der Druckbranche von zentraler Bedeutung. Höchste Zeit also, das Thema aufzugreifen und von Anfang bis Ende abzuhandeln. Im ersten Teil der Color-Management-Serie, die in Zusammenarbeit mit der Fogra entsteht, wird geklärt, was Farbe genau ist und wie die Farbmessung vonstatten geht.

Die Wichtigkeit der Farbbestimmung
Jeder kennt die Schwierigkeit, eine Farbe einem Gegenüber am Telefon genau zu beschreiben. Die Wahrnehmung einer Abstufung ist subjektiv und variiert dementsprechend von Person zu Person, der tagesabhängigen Sensibilität oder je nach Beleuchtung. Obwohl die Begutachtung eines Farbtons also eine subjektive Angelegenheit ist, kann dieser objektiv gemessen und bestimmt werden. Zu diesem Zweck hat man sich auf einheitliche Messstandards geeinigt, die einen zuverlässigen Farbvergleich erlauben – was gerade im praktischen Kontext unglaublich wertvoll ist, um mit dem Kunden eine Kommunikation auf gleicher Ebene zu führen.

Wenn wir die Farbe eines Apfels messen wollen, messen wir mit einem Spektralfotometer seine Spektralkurve (siehe Abb. 1). An dieser Kurve erkennt man, dass der Reflexionsgrad (das Verhältnis des zurück geworfenen zum einfallenden Licht) im roten Wellenlängenbereich hoch ist und in den anderen Bereichen niedrig. Der Apfel reflektiert also hauptsächlich Licht im orangen und roten Spektralbereich und «schluckt» das Licht der Wellenlängenregionen Grün, Blau, Indigo und Violett.

Definiert man jetzt noch die konkrete Abmusterbedingung (Messbedingung) kann die Software die Farbempfindung für genau diese Farbe berechnen. Dies geschieht durch Angabe des Farborts mittels CIELAB-Werte; CIEL* = 43, CIEa* = 48 und CIEb* = 14.
CIELAB (M1, wb)
L* 43,31
a* 47,63
b* 14,12

Farbe ungleich Farbe I
Von der Messung physikalischer Eigenschaften eines Gegenstands wie zum Beispiel der Länge, Breite, Dicke oder des Gewichts unterscheidet sich die Farbmessung grundlegend. Farbe ist – diese Erkenntnis ist zwar alt, wird aber meist übersehen – keine Eigenschaft der Dinge, sondern eine «an den Dingen» durch die Augen wahrgenommene Empfindung. So wie Hören, Fühlen oder Schmecken. Auch semantisch gibt es Verwirrungspotenzial: Farbmittel wie Druck- oder Wandfarben sind nicht dasselbe wie die Farbigkeit, also die Wahrnehmung eines Farbtons. Dieser Unterschied wird im Englischen klarer, dort hat man anders als im Deutschen verschiedene Bezeichnungen: Die Anstrichfarbe heisst paint und die Druckfarben printing inks, während man für die wahrgenommene Farbe colour/color verwendet.

Farbe ungleich Farbe II
Die Strahlung, die von einem Objekt (z. B. Druckbogen oder Monitor) ins Auge gelangt, bedeutet nicht dessen Farbe. Vorbedingung für die Farbempfindung ist die Farbempfindlichkeit des Menschen, welche bei 90 % der männlichen und 99,9 % der weiblichen Normalsichtigen gegeben ist. Die Farbmessung wurde möglich, als man herausfand, dass die Fähigkeit des Auges, zu beurteilen, ob zwei Farben gleich oder nicht gleich sind, für alle farbtüchtigen Menschen identisch ist. Hierbei hat man sich 1931 international auf das CIE-System geeinigt.

Die zahlenmässige Bewertung von Farben wird Farbmetrik genannt und ermöglicht die Erfassung von Farborten (mit den Koordinaten Helligkeit, Buntton und Buntheit) sowie die Bewertung des Farbabstands zwischen zwei Farborten. Da Farben Empfindungen sind, ist der Unterschied zwischen zwei Farben ein Empfindungsunterschied – ein DeltaE (∆E). Dazu mehr in einem späteren Artikel. Wenn man einen vorgegeben Farbwert (z. B. das Rot des Coca-Cola-Logos) nicht erreicht, sagt die Farbmetrik erstmal gar nichts darüber aus, wie sich die richtige Farbe nachstellen lässt.

Wie funktioniert die Farbmessung praktisch?
Möchte man die Farbe eines Objekts erfassen, muss man die Einflussfaktoren kennen. Die wichtigste Einflussgrösse ist die Beleuchtung – das kennt jeder, der aus dem Kaufhaus kommt und realisiert, dass sein Artikel jetzt anders aussieht. In der Druckindustrie hat man sich dafür seit 1976 auf das mittlere Tageslicht (Daylight, D50) als Mittelwert geeinigt, was sich bestens bewährt hat.

Je nach Bedruckstoff kommt noch die Durchsichtigkeit der Probe hinzu, sodass man entscheiden muss, ob man auf einer weissen oder schwarzen Messunterlage messen möchte. Die Faustregel heisst: Miss genau so, wie du die Farben später siehst bzw. wie dein Kunde sie später sieht – und basierend darauf die Kaufentscheidung trifft. Dieser Prozess wird Abmusterung genannt.

Beim Messen einer Zitrone erhalten wir die Spektralkurve in Abb. 2. Die Reflexion (der Anteil des zurückgeworfenen Lichts) ist demnach im roten und gelben Wellenlängenbereich hoch und im Indigo- und violetten Bereich niedrig. Die Farbwerte zeigen mit CIEL* = 75 eine höhere Helligkeit, mit CIEa* = 4 viel weniger Rot und mit CIEb* = 69 viel mehr Gelb.
CIELAB (M1, wb)
L* 75,34
a* 4.11
b* 68,54


Die Farbmessung erfolgt typischerweise in zwei Stufen:

  1. Messung der spektralen Reflexionskurve (Eigenschaft des Objekts)
  2. Festlegung der Einflussparameter (Lichtart)

Komplizierter wird es zudem, weil nicht nur der sichtbare Teil des Spektrums eine Rolle spielt, sondern auch der unsichtbare UV-Bereich. Da fast alle Druckpapiere so genannte optische Aufheller verwenden, muss der UV-Anteil im Licht bestmöglich mit dem Messlicht des Geräts und dem Abmusterlicht der Kabine übereinstimmen. Die genaue Definition dieser Dinge regelt die Farbmessnorm ISO 13655, indem sie unterschiedliche Messbedingungen definiert, nämlich M0, M1, M2 und M3. Je nach Methode kann der Benutzer die Farbe so messen, wie der Kunde oder der Anwendungsfall es verlangt. Mehr Details hierzu gibt es ebenfalls in einem weiteren Teil dieser Artikelserie

Abbildung 3: Reflexionsfaktor eines Offsetpapiers. Rechts sind die resultierenden CIELAB-Farbwerte gezeigt. Sie spiegeln genau das wider, was man sieht, wenn diese Muster in dem entsprechenden Umfeld betrachtet werden. Messen einer Zitrone erhalten wir die Spektral­kurve in Abb. 2. Die Reflexion (der Anteil des zurückgeworfenen Lichts) ist demnach im roten und gelben Wellenlängenbereich hoch und im Indigo- und violetten Bereich niedrig. Die Farbwerte zeigen mit CIEL* = 75 eine höhere Helligkeit, mit CIEa* = 4 viel weniger Rot und mit CIEb* = 69 viel mehr Gelb. (Quelle: X-Rite)

Abschliessend soll die Farbmessung, also die Messung des Reflexionsfaktors sowie die Berechnung der Farbwerte für eine konkrete Messbedingung, nämlich für ein weisses Druckmuster dargestellt werden.

Das Forschungsinstitut für Medientechnologie Fogra wurde vor 70 Jahren gegründet und verfolgt als eingetragener, gemeinnütziger Verein den Zweck, die Druck- und Medientechnik in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Anwendung zu fördern und die Ergebnisse für die Druckindustrie nutzbar zu machen. Die Fogra zählt rund 900 Mitglieder aus verschiedenen Feldern des Druckgewerbes und hat ihren Sitz in Aschheim bei München.

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