Dr. Pingelig – Gendern auf Deutsch
Erst einmal soll gesagt werden, dass die «Hoheit» über die deutsche Sprache in die Hände von sprachkundigen Experten gehört und nicht in die Politik. Wenn ich gewisse Exponentinnen und Räte am Rednerpult (hier nicht auch Rednerinnenpult) hochdeutsch sprechen höre, frage ich mich, wie solche Leute sich anmassen, darüber zu befinden, wie wir zu sprechen und zu schreiben haben.
Die Gesellschaft wird mehr und mehr sexistisch und ethnisch aufgeladen. Die Angst, etwas politisch nicht Korrektes zu äussern, verhindert Kommunikation mehr, als dass sie sie fördert. Dazu kommt, dass vieles nicht so gemeint ist, wie es (manchmal bösartig) fehlinterpretiert wird. Das Thema hatten wir schon bei der Hautfarbe, und ich glaube nicht, dass sich «people of color» oder m/w in unserem Sprachraum und in allen Gesetzestexten durchsetzen wird. Ich auf jeden Fall kann es gut mit Farbigen, Schwarzen und dunkelhäutigen Weissen.
Das Fröilein hat sich wie von selbst aus der Sprache verabschiedet, und auch der Herr Lehrer, der Herr Pfarrer und die Frau Doktor sind mehrheitlich entschwunden.
Die Blinden- und Sehbehindertenorganisationen erfahren durch das konsequente Gendern einen erschwerten Zugang zur geschriebenen Sprache, Doppelpunkt, Underscore, Genderstern, Schrägstriche und Bindestriche diskriminieren auf der einen Seite, wo sie doch auf der anderen Seite einen Befreiungsschlag anstreben.
Ich habe keine schlaflosen Nächte, wenn der Wirteverband, der Bauernverband, der Schützenverein, der Schwingerverband und wohl viele andere Vereine nur die männliche Form im Namen führen und damit alle anderen Geschlechter mitmeinen – im Kopf findet es statt.
Aus Ralf Turtschis Buch «Zeichen setzen!», 248 Seiten,
2 Sprachausgaben, für CH und DE/AT, Preis: CHF 48.–, Bestellungen und Infos: zeichen-setzen.ch oder publisher.ch/shop; iPad- Version für CHF 38.– in der Publisher-Kiosk-App.
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Autor
Ralf Turtschi
Ralf Turtschi ist Inhaber der R. Turtschi AG. Der Autor ist als Journalist und Fotoreporter für die Gewerbezeitung, unteres linkes Zürichseeufer und Sihltal, unterwegs. Er ist als Dozent beim zB. Zentrum Bildung, Baden,
tätig, wo er im Diplomlehrgang Fotografie der Masterclass Fotografie und an der Höheren Fachschule für Fotografie unterrichtet. - Rubrik Kolumne
- Dossier: Publisher 4-2021
- Thema Dr. Pingelig
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