Wie entstehen eigentlich Fogra Standards?

Im siebten Teil der Farbmanagement-Artikelserie geht es um Fogra Standards, also Referenzdruckbedingungen wie FOGRA51 oder ganz modern FOGRA59. Was ist eine Druckbedingung? Und was bedeuten in diesem Kontext die Nummern «51» oder «59»?

Am Anfang war der Druckprozess
Der Durchbruch in der Standardisierung des Offsetdruck gelang in den 1970er-Jahren mit dem Gewinn der Erkenntnis, dass vier wesentliche Prozessparameter die Vorhersage des späteren Druckergebnisses ermöglichen. Dabei handelt es sich um den Bedruckstoff-Typ (der die spätere Tonwertzunahme bedingt), die Rasterung, die Farbreihenfolge und die verwendeten Druckfarben. Ändert man einen dieser Parameter, so resultieren systematische Farbänderungen, die der Drucker nicht mehr korrigieren kann. Alle anderen Einflussgrössen im Offsetdruck sind sekundäre Parameter. Sie können durch den Druckmaschinenbediener, z. B. mittels einer RIP-Korrektur, bereinigt werden.

Das Wesen der Standardisierung besteht nun darin, relevante Gruppen dieser primären Prozessparameter zusammenzustellen – die Geburtsstunde des PSO im Jahre 1982. Da die Druckfarben in einer vorgelagerten Norm (ISO 2846) definiert sind und die Farbreihenfolge typischerweise KCMY (von «Dunkel nach Hell») ist, sucht man also marktrelevante Bedruckstofftypen und Rasterungen. Letztere lässt sich hinsichtlich der finalen Farbwirkung in zwei Kategorien aufteilen – «AM» und «FM» (Fogra nennt die frequenzmodulierten Raster fachlich korrekt nichtperiodisch, also «NP»). Im Kern geht es allerdings nicht um AM oder FM, sondern um die Lichteffekte am Rasterpunktrand.

Jetzt besteht Standardisierung also nur noch in der Auswahl wesentlicher Papiere bzw. Papierklassen. Die Auflistung der aktuellen Bedruckstoffe (auch Papiertypen genannt), welche im zuständigen ISO Normgremium unter massgeblicher Mitarbeit der Fogra entwickelt wurden, sind in Abbildung 1 aufgeführt.

Abb. 1: Darstellung der insgesamt 16 neuen Druckbedingungen der «ISO 12647-2:2013+». Wichtig ist, dass die Bezeichnung A bis E für neue Tonwertzunahmekurven stehen. Sie dürfen folglich nicht mit den etablierten Kurven verwechselt werden. Mehr Infos zu der neuen ISO gibt es im Fogra Sonderdruck 30 auf www.fogra.org.

Aller guten Dinge sind drei
Der Begriff der Druckbedingung kann in diesem Kontext unter drei verschiedenen Gesichtspunkten definiert werden.

  1. Druckbedingung, als konkrete Materialkombination für einen beliebigen Offsetdruck. Das ist die Sprachweise des ­Druckers, der konkrete Druckplatten, Druckfarben, Feuchtmittel, Gummitücher, Druckmaschinen etc. verwendet.
  2. Druckbedingung als Definition der zu erreichenden densitometrischen und farbmetrischen Zielwerte (Tonwertzunahme, Volltonfärbung, Graubalance). Das ist die Sichtweise des PSO bzw. der Qualitätssicherung, die den finalen Druckausfall bewertet (und nicht wie er zustande kommt).
  3. Druckbedingung als Tabellierung (Gegenüberstellung) vieler CMYK-Tonwertkombinationen und der resultierenden CIELAB-Farben. Dies geschieht mit Farbtafeln wie z. B. die ECI2002 oder die IT.8-7/4 Testform. Diese Tabelle nennt man Charakterisierungsdaten, da sie eine konkrete Druckbedingung beschreiben. Sie wird vollständig definierte Druckbedingung genannt, da sie den ganzen Farbkörper und dessen «Füllung» (also die Graubalance, das Überdrucken etc.) umfassen. Erst diese Charakterisierungsdaten ermöglichen die Erstellung von ICC-Profilen, den in Teil 4 beschriebenen «Toaster-Katalogen».


Von Druckbedingungen zu Referenzdruckbedingungen
Somit stellt jeder gedruckte Bogen, egal ob im Offset-, Tief- oder Digitaldruck eine individuelle Druckbedingung dar. Mit dem Ziel, eine überschaubare und (insbesondere für den kreativen Datenaufbereiter) verständliche Anzahl Druckbedingungen zu etablieren, müssen nun aus der Vielzahl der möglichen Druckbedingungen die relevanten herausgefiltert werden – die Fogra Standards bzw. Referenzdruckbedingungen. Sie sind fortlaufend nummeriert. Der jeweiligen Nummer kommt also keine besondere Bedeutung zu. Der bekannteste Fogra Standard ist FOGRA39 (also der Offsetdruck gemäss ISO 12647-2:2007 auf Bilderdruckpapier im 60er Raster). Er wurde 2016 durch FOGRA51 abgelöst, welcher die leicht veränderten Zielwerte der ISO 12647-2:2013 für gestrichene Bedruckstoffe repräsentiert.

Die Fogra definiert für marktrelevante Druckbedingungen sogenannte Charakterisierungsdaten. Das sind freilich zunächst die Druckvoraussetzungen der ISO ­12647-2. Dort wird explizit auch die Etablierung eigener (weiterer) Druckbedingungen definiert, was beispielsweise die Arbeitsgruppe Rollenoffset der ECI (WOWG, Web Offset Working Group) unter der Leitung von Prof. Süssl veranlasst hat, Voraussetzungen wie FOGRA41 oder FOGRA45 zu etablieren. Gegenwärtig wird dort an den Rollenoffset-Druckbedingungen gearbeitet.

Eine Übersicht der aktuellen Fogra Standards gibt es in Abbildung. 2, welche die wesentlichen Prozessparameter als Kategorisierungsgrundlage verwendet.

An dieser Stelle sollte betont werden, wie viel Arbeit hinter der Etablierung einer vollständig definierten Druckbedingung (Charakterisierungsdatei) steckt: Die Entwicklung der beiden Standards FOGRA51 und FOGRA52 wurde beispielsweise im Rahmen des Fred15-Projektes, das sich über zwei Jahre erstreckte, bewerkstelligt. Es ist eine Kraftanstrengung der gesamten Branche, um die erforderlichen Materialien, Testdrucke, Messungen, Auswertungen und Daten zusammenzutragen.

Neben den Charakterisierungsdaten sind es weitere Arbeitsmittel wie ICC-Profile, Fogra Medienkeil-Sollwerte, ECI bvdm Gray Control Strip, die erarbeitet, geprüft, optimiert und letztlich zweisprachig publiziert werden müssen.

Abb. 2: Auszug der aktuellen Fogra Standards mit den ihnen zugrunde liegenden Prozessparametern sowie den zugehörigen ICC-Profilen. Komplette Liste siehe unter fogra.org/downloads/arbeitswerkzeuge/charakterisierungsdaten

Referenzdruckbedingungen im Digitaldruck?
Im Gegensatz zum ProzessStandard Offsetdruck (PSO) ist es aufgrund der Materialvielfalt und der damit verbundenen unterschiedlichen Farbcharakteristik nicht möglich, repräsentative Kategorien von Bedruckstoffen («Papiertypen») zu identifizieren. Während im PSO mit der Wahl der vier primären Parameter (Papier, Raster, Druckfarbe und Farbreihenfolge) eine nahezu vollständige Definition der finalen Farbcharakteristik ermöglicht, ist dies im Digitaldruck leider nicht möglich.

Hier steht vielmehr die Definition und die Kommunikation eines Austauschfarbraums (exchange colour space) im Mittelpunkt. Ein Austauschfarbraum ist nichts anderes als ein ICC-Profil einer besonders geeigneten Fogra Referenzdruckbedingung.

Durch die langjährige und erfolgreiche Nutzung der ProzessStandards im Offset- (PSO) sowie im Tiefdruck (PSR, ProcesStandard Rotogravure) stehen etablierte Austauschfarbräume zur Verfügung, die eine geeignete Ausgangsbasis als mögliche Farbreferenz für den Digitaldruck bilden. Der bekannteste Austauschfarbraum ist FOGRA39, der gegenwärtig durch FOGRA51 abgelöst wird. Mehr Hintergründe zum Umstieg und Infos zum neuen prozessübergreifenden Austauschfarbraum FOGRA59 (­eciCMYK v2) finden Sie im PSD Handbuch.

Ein wesentlicher Vorteil der Verwendung etablierter Austauschfarbräume besteht darin, dass Druckdaten verfahrensübergreifend ausgetauscht werden können. Im Falle von für FOGRA51 aufbereiteten Druckdaten bedeutet dies konkret, dass ein Offsetdrucker gemäss der mit FOGRA51 verbundenen Druckbedingung ein vergleichbares Druckprodukt erreicht wie ein Digitaldrucker, der die Farbreferenz mit Hilfe des Farbmanagements nachstellt. Dies ist insbesondere für hybride Anwendungen, bei denen digital und konventionell hergestellte Druckprodukte gemischt werden, von grosser Bedeutung. Mehr Informationen dazu sind im kostenlosen PSD-Handbuch 2022 zu finden. 

Fogra Symposium 2022
Beim Fogra Colour Management Symposium (#CMS2022) dreht sich alles um die erfolgreiche Kommunikation und Reproduktion von Farbe in einem modernen Workflow und um die Zukunftsperspektiven der Branche, z. B. im Textildruck. Dazu sind spannende Referenten – ausschliesslich Anwender – und anregende Podiumsdiskussionen zu erwarten. In der begleitenden Ausstellung sind wie gewohnt zahlreiche Produkte und Neuheiten zu sehen.

Informationen und Anmeldung: fogra.org/cms2022

Das Forschungsinstitut für Medientechnologie Fogra wurde vor 70 Jahren gegründet und verfolgt als eingetragener, gemeinnütziger Verein den Zweck, die Druck- und Medientechnik in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Anwendung zu fördern und die Ergebnisse für die Druckindustrie nutzbar zu machen. Die Fogra zählt rund 900 Mitglieder aus verschiedenen Feldern des Druckgewerbes und hat ihren Sitz in Aschheim bei München.
fogra.org

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