Mit stimmigen Erzeugnissen Emotionen wecken
Prägungen, Folien, Lacke und Co.: Es gibt schier zahllose Wege, einem Print-Produkt den letzten Schliff zu verpassen. Welche Veredelungsmethoden derzeit angesagt sind und was in Zukunft «der letzte Schrei» sein könnte, hat der PUBLISHER im Gespräch mit Hanspeter Balsiger von Heidelberg Schweiz in Erfahrung gebracht.
PUBLISHER: Herr Balsiger, welche Veredelungseffekte sind auf Druckmaschinen von Heidelberg möglich – und finden diese in der Praxis auch wirklich Verwendung?
Hanspeter Balsiger: Es ist schon sehr viel möglich. Wir haben zum einem die Möglichkeit zur Farbveredelung mittels Pantone-Sonderfarben oder Metallic-Farben, können Metallic-Effekte zaubern oder Matt- und Glanz-Anmutungen hervorbringen. Sicherlich hervorzuheben sind auch die Kaltfolienapplikationen. Dann wären die Zusatzfarben der Versafire EV zu erwähnen, wo speziell Deckweiss oder Lackeffekte interessant sind.
Ob die Effekte tatsächlich benutzt werden, muss man ein wenig differenzierter betrachten: Im Falle von Akzidenzdruck oder bei «normalen» Printerzeugnissen kommt meistens einfach der vierfarbige (CMYK)-Bereich zum Zug. Wenn es sich allerdings um Premium-Produkte wie Uhrenkataloge handelt, dann erhalten diese Artikel oft ein spezielles Finish, etwa Sonderfarben oder Metallic-Töne. In der Verpackungssparte ist es oft ebenfalls der Preis, der diktiert, ob ein Produkt eine Veredelung erhält.
Welche Veredlungslösungen funktionieren aus Ihrer Sicht derzeit? Was ist bei den Konsumenten beliebt?
Schwer zu sagen. Im Verpackungsbereich und oberen Preissegment werden Heissfolienapplikationen beispielsweise mit Vorliebe verwendet – und haben nun auch im kommerziellen respektive «normalen» Druckbereich wieder eine Renaissance erfahren. Gerade bei kleineren Auflagen oder etwa hochwertigen Briefpapieren von Notariatsbüros oder ähnlichen Kommunikationsmedien ist diese Art der Veredelung sehr beliebt, weil sie ja auch Wichtigkeit und Wertigkeit transportiert.
Gefragt sind ebenfalls hochwertige schwarz-/weiss Lithografien, die im altbewährten Duplex-Verfahren hergestellt werden und vor allem bei hochwertigen Produkten respektive Katalogen Anwendung finden, in dem sie Halbtöne unterstützen und feinste Graunuancen schaffen. Farbveredelungen, Blindprägungen und allgemein hochwertige Material sind ebenfalls wieder beliebt.
Wie sieht es in eher preiswerten Segmenten aus? Bemerken Sie bei kostengünstigeren Produkten auch eine Entwicklung in Richtung «mehr Veredelung»?
Es gibt sicherlich immer wieder Trends, die dann auch nicht mehr in die Kategorie «Nische» fallen. Ein Beispiel dafür ist der Drip-Off-Lack: Dieser wurde vor einigen Jahren entwickelt und ermöglichte zu relativ tiefen Produktionskosten einen tollen Glanz- / Matt-Effekt. Diese Finishingmethode wurde eine ganze Weile lang rege und auch in der Breite genutzt und wurde von Konsumentenseite klar verlangt. Inzwischen ist die Nachfrage aber wieder eher rückläufig.
Wie bewerten Sie Druck-Finishing in Verbindung mit der Nachhaltigkeitsthematik? Es gibt ja durchaus Veredelungsmethoden, die nicht wirklich umweltfreundlich sind.
Ganz allgemein wurden im Bereich der Nachhaltigkeit resp. Deinkbarkeit der verwendeten Materialien schon viele Entwicklungen vorangetrieben. Die Drucksachen-Einkäufer sind zudem auch bemüht, Nachhaltigkeit als hohe Priorität zu leben – und das, obschon der Kostendruck in der Drucksparte wie in vielen Branchen sicherlich gross ist. Häufig werden heute Recyclingpapiere eingesetzt und mit einer entsprechenden Cradle-to-Cradle-Farbe bedruckt und allgemein punkto Nachhaltigkeit grosse Anstrengungen für unsere Zukunft unternommen. Es gibt allerdings nach wie vor Anwendungen wie die erwähnte Heissfolie oder auch Kaltfolienapplikationen sowie metallisierende Vorgänge, die unabhängig, ob auf wässriger Basis oder nicht, für unsere Umwelt nicht unproblematisch sind.
Was ist aus Ihrer Sicht im Veredelungsprozess das Wichtigste?
Grundsätzlich ist eine professionelle Basis, also eine entsprechend gute Bildbearbeitung, das A und O für ein gutes Ergebnis. Ebenfalls muss hinter dem Druckerzeugnis eine stimmige Überlegung stecken: Man sollte sich die Frage stellen, wie man mit dem Projekt neue Ideen verwerten kann und schlussendlich auch einen Überraschungseffekt für den Kunden kreieren kann. Dass eine spezielle Aufmachung dem Konsumenten ins Auge sticht, muss auch gar nicht komplex oder teuer sein: Das kann etwas ganz Simples, etwa ein ungewöhnlich gefalztes Papier oder eine Faltschachtel, die für weitere Zwecke eingesetzt werden kann, sein.
Von Vorteil ist natürlich zusätzlich, wenn man die Trumpfkarte der Haptik ausspielt, um sich von Angeboten auf dem Bildschirm abzuheben. Hierzu gehört sicherlich die Wahl eines entsprechenden Papiers und der Einbezug von den mannigfaltigen, zum Objekt passenden Veredelungstechniken. Auch hier gilt: Bei der Finishingmethode muss man nicht über das Ziel hinausschiessen, denn es braucht oft gar nicht so viel, sondern bloss diese eine «andere» Aufmerksamkeit erregende Idee.
Wenn wir Print und Digital gegenüberstellen: Bemerken Sie, dass sich die Wertschätzung von und für Print – vielleicht gerade während der Corona-Pandemie – verändert hat?
Während der Pandemie sind die Druckvolumen – vielleicht weniger in der Verpackungssparte, aber auf alle Fälle im Akzidenzdruckbereich – insgesamt zurückgegangen. Das ist unter anderem mit der allgemeinen Unsicherheit zu begründen und wohl auch auf die Verordnung von Kurzarbeit und Co. zurückzuführen. Gepaart mit der Rohstoffverknappung und den steigenden Preisen hat das der Branche einen Dämpfer verpasst und dazu geführt, dass man sich als Print-Unternehmen in den Pandemiejahren auf das fokussiert hat, was einfach ist und funktioniert – wozu kostenintensive Premium-Drucksachen nicht wirklich gehören. Paradoxerweise wurden aber auch während dieser Zeit genau diese Druckerzeugnisse für Premium-Produkte produziert, denn diese Luxusgüter versprachen trotz der Pandemie gute Absätze. Schlussendlich geht es bei hochwertigen Print-Erzeugnissen aber immer darum, Emotionen bei Kunden zu wecken und das wird mit fortschreitender Zeit gewiss wieder mehr nachgefragt werden. Das Druckvolumen hat sich ja die letzten Monate auch wieder erholt. Viele Druckereien sind wieder zuversichtlicher und verzeichnen nunmehr steigende Volumen.
Wenn Sie den Blick in die Glaskugel wagen könnten: Was glauben Sie, was sind die nächsten Innovationen im Premium Print-Bereich?
Ein grosses Thema ist Fälschungssicherheit. Das sind Technologien, die entweder inline oder offline auf das Druckgut appliziert werden und sich gerade in der Pharmaindustrie wie im Luxusgüterbereich immer grösserer Beliebtheit erfreuen, weil viele Markenprodukte gefälscht werden und die Echtheitskontrolle der Artikel wiederum mit einem riesigen Zusatzaufwand einhergeht. Hier ist über verschiedene Produkthersteller hinweg eine grosse Entwicklung im Gange: Schliesslich hat jeder Hersteller ein Interesse daran, dass seine hochwertigen Markenartikel nicht gefälscht werden.
Es gibt ganz verschiedene Technologien, die Produkte mit Sicherheitsmerkmalen versehen und so gleichzeitig veredeln können. Es ist gar möglich, nicht sichtbare Technologien anzuwenden. Aber Sicherheit ist nur gewährleistet, wenn man keine Kenntnis davon hat. Aus diesem Grund sollten die mir bekannten Verfahren auch nicht erwähnt werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Hanspeter Balsiger
Der gelernte Drucktechnologe Hanspeter Balsiger ist als Product Manager Sheetfed / Applikationsspezialist bei Heidelberg tätig und seit insgesamt über 32 Jahren im Unternehmen aktiv.
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Autor
Patrick Schenk
- Rubrik Print
- Dossier: Publisher 3-2022
- Thema Heidelberg, Premium-Drucksachen
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