Paradigmenwechsel

Weg von starren Menu- und Werkzeugstrukturen hin zur Flexibilisierung: Adobes Ansatz in Illustrator im Bereich «Eigenschaften» und «Verläufen».

Obwohl Adobe Illustrator mittlerweile Industriestandard geworden ist, fristet das Programm ein Mauerblümchendasein. Das hat u. a. damit zu tun, dass das Programm nicht sehr intuitiv ist und keinerlei Fehlertoleranz aufweist. Mit der Einführung des Eigenschaften-Fensters und der Freihandverläufe hat Adobe hier Hilfestellungen implementiert, die vor allem in Lehre und Vermittlung dringend nötig waren.

Adobe ­Illustrator hat 46 Fenster, davon einige ver­schachtelte wie das Fenster?>?Schrift mit zusätzlich sieben eigenen Fenstern. Man muss sich vorstellen, was es für Lernende bedeutet, wenn sie diese Infor­mation z.?B. mit dem Objekt-Menü verknüpfen müssen.

Der Paradigmenwechsel von Einzel­fenstern zu einer zentralen Steuerung bringt hier Abhilfe. Aber Adobe könn­te weitergehen und ­Schnellaktionen konfi­gurierbar machen. Ausserdem ­sollten die Fenster auch unten angedockt werden können wie z.?B. bei Cinema 4D. Nur dann macht die Kombination von Arbeitsbereich und Eigenschaften Sinn.

Paradigmenwechsel hiesse auch, alte Zöpfe abzuschneiden und in Illustrator und InDesign das Ikon des Auswahlwerkzeuges endlich wie in Photo­shop, Cinema 4D usw. als Kreuz für die Funktion Verschieben darzustellen.

Paradigmenwechsel: intelligente Werkzeuge

Zurzeit ist es so, dass jedes Werkzeug nur eine einzige Funktion ausführen kann. Das führt zu ständigem Werkzeugwechsel und ist uneffizient und fehlerbehaftet. Mit dem Freihandverlauf ist es das erste Mal gelungen, ein Tool multifunktional zu machen. Diesen ­Ansatz sollte man unbedingt weiterentwickeln.

Dazu muss man sich anschauen, wie früher Verläufe gemacht wurden. Ich habe mit der Version 3 von Illustrator begonnen. Verläufe musste man mit dem Angleichen-Werkzeug machen. Das erscheint ziemlich archaisch, aber noch immer gibt es Probleme, die man nur so lösen kann (vgl. Beispiel aus Youtube). Nachteil: Angleichungen sind eine eigene Objekt-Klasse, wie z.?B. Gitter-Objekte, weshalb der Verlaufs-Optimierer (Verlaufssteuerung auf dem Objekt) nicht auf sie angewendet werden kann.

Wünschenswert wäre es also, wenn z. B. alle Werkzeuge, die Verläufe erzeu­gen, in einem Tool zusammengefasst und der Verlaufsoptimierer auf alle ­angewendet werden könnte.

Werkzeuge experimentell einsetzen und Plug-ins nutzen

Neue Werkzeuge alleine nützen nur etwas, wenn man damit experimentiert und die Ergebnisse an Adobe zurückspielt. Dazu kommt, dass man für gute Gestaltung die ganze Klaviatur, die Adobe zur Verfügung stellt, ­spielen können muss. Bei Verläufen bedeutet das, alle Möglichkeiten zu kennen – und es gibt viele! Verläufe können z. B. nur durch drei Farbflächen erzeugt werden. Oder man kombiniert sie geschickt mit Flächen gleichen Tonwerts oder mit Strukturen. Damit kommt man sehr weit.

Wem das nicht reicht, der kann auf Plug-ins von Drittanbietern zurückgreifen, z. B. Texturino von Astute Grafics oder Grain Shader von True Grit Texture Supply. Beide können Verläufe ­texturieren oder aufrastern.

Guido Köhler ist Wissenschaftlicher Zeichner mit eigenem Atelier in Binningen bei Basel. Er ist Dozent an der ZHdK und unterrichtet dort Digitale Illustration, Archäologisches Zeichnen, Digital Skills und gibt Adobe Illustrator-Module.

  • Autor Guido Köhler
    Guido Köhler ist Wissenschaftlicher Zeichner mit eigenem Atelier in Binningen bei Basel. Er ist Dozent an der ZHdK und unterrichtet dort Digitale Illustration, Archäologisches Zeichnen, Digital Skills und gibt Adobe Illustrator-Module.
  • Rubrik Publishing
  • Dossier: Publisher 2-2019

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