Zeichnung auf Weiss, Druck auf Schwarz

Der Druck auf schwarzem Hintergrund bietet Besonder­heiten, die am Beispiel eines T-Shirt-Designs aufgezeigt werden.

Sommer, auf den Motorrädern eine unbeschwerte Zeit geniessen. Als zürcherisch-bündnerische Truppe will man auch auf der Passhöhe die Verbundenheit zeigen – ein T-Shirt muss her. Das Sujet stammt von einem spanischen Tattookünstler, der die Vorlage auf ein weisses Blatt Papier malte und sprayte. Leider hatte der Gute von einem Bündner Steinbock nicht die Spur einer Vorstellung und malte stattdessen ein gazellenartiges Gehörn, welches ich einfach auswechselte. Die Bündner Freunde sollen sich ja nicht der Lächerlichkeit preisgeben.

Eine Motorrad-Gang wird mit einem weissen T-Shirt aber nicht ganz ernst genommen, deswegen soll das Motiv auf ein schwarzes Shirt gedruckt werden. Nun funktioniert ein schwarzes Motiv auf einem schwarzen Shirt ganz einfach nicht, es muss entsprechend umgearbeitet werden.

Als Erstes fotografiere ich das Original und setze die Bilddatei in Illustrator als Vorlage auf einer Ebene ein. Dann baue ich Ebene für Ebene alle einzelnen Elemente zu einem Ganzen zusammen, insgesamt benötige ich 17 Ebenen.

Damit schwarz gedruckt werden kann, braucht es einen weissen Hintergrund. Weiss ist leider in Illustrator als Farbe nicht vorhanden. Die Definition «Papier» oder «Nichts» erzeugt keine weisse Druckfarbe. Adobe, Pantone und weitere haben global die Druckfarbe Weiss schlicht ignoriert. In der Praxis simuliere ich die Druckfarbe Weiss mit einer Pantonefarbe in einem hellen Blau, die als Farbauszug im Druck eine separate Farbe liefert. Nur wird im Textildruck dann nicht hellblau gedruckt, sondern weiss. Dieser Hintergrund aus der schwarzen Kontur und der hellblauen Füllung bildet das Grundgerüst für den weiteren Aufbau. So werden auch die Zierstriche ausserhalb der Grundfläche hellblau eingefärbt, damit sie später weiss auf schwarz zu sehen sind.

Bei der Umsetzung einer Zeichnung mittels Illustrator kommt es hier nicht auf die Genauigkeit an, sondern darauf, dass die allgemeine Charakteristik erhalten bleibt. So sind wacklige Striche oder Unschärfen des Sprayens nicht im Massstab 1:1 hinzukriegen – oder nur mit beträchtlichem Aufwand. Stattdessen konzentriere ich mich auf gewisse Vereinfachungen, die das Bild klarer machen, ohne deswegen gleich das künstlerische Genre zu zerstören. So ist dies im Vergleich des Originals und der Illustratorzeichnung bei dem Löwen- und dem Steinbockkopf gut zu sehen. Auch der graue Schriftzug «Ride or Die» wurde zur Verdeutlichung schwarz eingefärbt, die Zierstriche in einem Dunkelgrau gehalten. Die Rundungen der Vektoren von Rosetten und Schrift sind bewusst nicht perfekt gehalten, das Unperfekte vertritt hier die Charakteristik des Originals besser.

Die Illustratorzeichnung ist in CMYK aufgebaut, zusätzlich als fünfte Farbe figuriert das erwähnte Pantone-Hellblau. Beim Bestellvorgang muss anschliessend durchgesetzt werden, dass statt Hellblau Weiss gedruckt wird. Eine Onlinebestellung könnte hier schon zu Problemen führen, die Auftragsbesprechung vor Ort mit einem Sachbearbeiter bietet Gewähr, dass der Druck richtig erfolgt. T-Shirts werden heute in verschiedenen Verfahren «bedruckt»: Stickerei, Thermotransfer oder Siebdruck. Die Verfahrenstechnik hat mit der Waschbar- und der Haltbarkeit zu tun, natürlich auch mit den gewünschten Textilien.

Ich persönlich bevorzuge das Gespräch im Shop, dort liegen auch Muster auf, und Besonderheiten können vor Ort besprochen werden. Nur schon das Abspeichern als .ai-Datei kann zu Problemen führen, deshalb ist grundsätzlich .eps das Format, das auch Windows-Rechner lesen können, die nicht Adobe-affin sind. Auch die Positionierung des Motives und dessen Grösse können dort besprochen werden. Nichts ist ärgerlicher, als wenn ein schönes Motiv wegen falscher Positionierung wortwörtlich in die Hose geht.