Mit der Nikon Z?7 in Paris
Seit Ende letzten Jahres sind die spiegellosen Nikon Z 7 und Z 6 auf dem Markt. Die Z 7 hat uns in Paris vier Tage lang begleitet.
Es wird allgemein erwartet, dass die Zeit der Spiegelreflexkameras bald ablaufen wird. Sony, Fuji und andere haben längst Spiegellose für Profis im Angebot. Nun hat Nikon mit zwei spiegellosen Kameras nachgezogen, die kleine Unterschiede aufweisen: die Z 7 und die Z 6. Die Z 7 ist eine Vollformatkamera, die 8256 × 5504 Pixel auflöst, also rund 45 Mpx. Die Z 6 kommt auch mit einem CMOS-Sensor daher, löst hingegen 24,5 Mpx auf. Die Z 7 zeichnet Serienbilder mit 9 Bildern/Sek. und hat eine ISO-Empfindlichkeit von 64 bis 25 600, die Z 6 zeichnet 12 Bilder/Sek., der ISO-Bereich liegt zwischen 100 und 51 200. Die grössere Pixeldichte der Z 6 führt zu weniger Detailschärfe, dafür punktet sie mit etwas besserem Verhalten beim Bildrauschen. Fotografen haben die Wahl zwischen zwei sehr guten Lösungen.
Das Projekt Paris
Zusammen mit drei anderen Fotobegeisterten ging es Anfang Februar von Zürich mit dem TGV nach Paris, wo wir gemeinsam Architektur fotografieren wollten. In der Reisefotografie ist man immer auch aufs Wetterglück angewiesen – vor allem dann, wenn Architektur auf dem Programm steht. Wir hatten folgende Shootings im Sinn: Sacré Cœur, Montmartre, La Défense, Arc de Triomphe, Centre Pompidou, Louvre, Fondation Louis Vuitton, Grand Palais, Philharmonie. Angesichts der knappen Zeit von Montagnachmittag bis Donnerstagabend ein ambitioniertes Programm. Doch die Wettergötter waren uns hold gesinnt, und so konnten wir unser Programm durchziehen. Dass das Grand Palais nicht zugänglich war oder die Fondation Louis Vuitton bei bedecktem Himmel fotografiert werden musste, sind «Rückschläge», die man als Fotografierende in Kauf nehmen muss. Meine persönliche Ambition war, mit Graufilter und Langzeitaufnahmen die Personen auf den bewegten Plätzen wegzubelichten und die Leere der Architektur aufzuzeigen. Im Kontrast dazu wollte ich Porträts in Street-Art-Manier einfangen.
Die Ausrüstung
Ich hatte eine Nikon Z 7 mit zwei Zooms 24–70 und 70–200 mm und einer Festbrennweite von 35 mm dabei. Zusätzlich kam eine Nikon D7500 (DX-Format) mit den Objektiven 10–24 mm und 18–200 mm ins Gepäck. Dann natürlich Aufsteckblitz mit Funkauslöser, Stativ und ein Haida-Graufilterset. Der Stadtstreicher hat nun wohl zu überlegen, mit welcher Ausrüstung er sich von morgens früh bis abends spät herumzuschlagen gedenkt. Fotografieren kann ganz schön anstrengend sein. Übergewicht macht müde, und müde zu knipsen, macht keinen Spass. An einem Tag ging ich mit zwei Kameras und ohne Stativ ausser Haus und musste so nie Objektive wechseln. Anderntags machte ich mich mit der Z 7 auf und nahm dafür drei Objektive und das Stativ mit. Der Z-7-Body ist mit Batterie und XQD-Karte 668 g schwer, das 35er-Objektiv wiegt 392 g. Im Vergleich wiegt die D7500 mit dem 35er 920 g. Die Z 7 hat nur einen Slot, der mit einer QXD-Karte bestückt wird. Die Akkus sind die gleichen, wie sie bei andern Vollformatkameras oder der D7500 verwendet werden. Man atmet auf!
Die Z-Serie kommt mit einem grösseren Bajonett daher, was hochwertige Objektive mit hoher Lichtstärke erlaubt. Zurzeit sind nur die beiden Objektive erhältlich, die ich dabeihatte. Sehr erfreulich in diesem Zusammenhang ist ein Adapterring, mit dem sich nahezu alle alten Objektive anschliessen und gebrauchen lassen. Wer DX-kompatible Objektive anschliesst, verliert allerdings das Vollformat, es werden dann lediglich 4048 × 2696 Pixel aufgezeichnet. Die 11 Mpx reichen gerade mal für einen Druck in A4-Grösse bei 300 ppi – immerhin. Man sollte also FX-Objektive am Adapter verwenden.
Erste Erfahrungen mit der Z 7
Wer Nikon gewohnt ist, findet sich mit der Z 7 gut zurecht, ohne das Handbuch wälzen zu müssen. Sie ist kleiner und handlicher als die D850, es sind etwas weniger Knöpfe rund um den Touchscreen angeordnet. Einiges davon kann mit dem Knopf «i» direkt mit Fingertipp auf dem Display aufgerufen werden. Das nach oben und unten neigbare Display ist leider nicht seitlich schwenkbar. Der Body liegt gut in der Hand, die Kamera ist nach Einschalten sofort einsatzbereit, per Joystick kann der Fokus nachgeführt werden. Das Suchersichtfeld im elektronischen Monitor ist hervorragend, selbst bei relativer Dunkelheit hat man kein Problem damit.
Etwas Mühe machte mir als «Spiegelfotograf» das heikle Problem der Sensorflecken. Fussel oder einfach Flecken in der Abbildung des blauen Himmels können zwar nachträglich entfernt werden, sind jedoch lästig und ärgerlich. Es ist eine grössere Sorgfalt angebracht. Wer in der Natur oder bei Regen Objektive wechselt, muss dies mit der Z 7 sorgfältiger angehen als mit der robusten D850. Und den Sensor sollte man tunlichst nicht outdoor on the Job reinigen, höchstens mal mit einem kleinen Blasbalg ausblasen! Toll ist die mögliche Stummschaltung der Aufnahme. Man weiss dann zwar nie genau, ob die Aufnahme geklappt hat, aber das Klicken ist oft bei versteckten Aufnahmen in der U-Bahn verräterisch. In dieselbe Schublade gehört das Ausschalten des Autofokus-Hilfslichtes. Dieses grüne Licht informiert jede Person, dass hier fotografiert wird. So wenden sich viele ab oder halten die Hand vor die Linse.
Abbildungsleistung
Das 35er-1.8-Objektiv leistet ganze Arbeit: knackig scharfe Bilder bis an den Rand. Man kann also ohne Probleme mit dem 35er Porträts schiessen und diese nachträglich auf einen Viertel des Bildformates beschneiden. Ich betrachte die Verwackelungsunschärfe als Herausforderung. Um die volle Auflösung zu gewährleisten, habe ich möglichst nicht unter 1/320 Sekunde gearbeitet – trotz Bildstabilisator, nicht ruhigen Händen und einem 35er-Objektiv mit Offenblende 1.8. Auch das Stativ bekommt plötzlich eine andere Bedeutung. Das Rauschverhalten des Sensors lässt zu, dass man dafür ohne Probleme bis 4000 ISO zulassen kann. Die Belichtungszeit und der ISO-Wert bilden die beiden Parameter, die die Bildqualität «zerstören» können. Die Einstellung der Blende hat auf die Schärfe weit weniger Einfluss, die falsche Einstellung ist nicht bildzerstörend, höchstens qualitätsmindernd.
ISO-Werte von 51 200 oder grösser halte ich für einen Marketing-Gag. Fledermäuse in der Dunkelheit fotografieren die wenigsten von uns von Hand. Natürlich ist es wichtig, auf welches Ausgabemedium man aus ist. Auf Handys ist auch grobes Rauschen kaum zu erkennen, auf einem Fine-Art-Print hingegen kann es stören. Anderseits möchte man schon das Beste aus dem Material herausholen – 45 Megapixel, aber es rauscht gewaltig, das kann nicht das Ziel sein.
Fazit
Die Nikon Z 7 ist ohne Frage eine Kamera der Topkategorie. Gerade für Fotografinnen und Fotografen, die bisher mit Spiegel gearbeitet haben, ist die neue Nikon eine valable Umstiegsoption, zumal alles Zubehör wie Objektive, Blitze, Filter weiterhin verwendet werden kann. Nikon-Preisempfehlung für den Body mit Adapter, Fr. 3999.– (Z 7), Fr. 2599.– (Z 6). Infos mit den Leistungsdaten sind auf der Website von Nikon zu erfahren.
Nikon Z 7 oder Z 6?
Wer Action-, Sport- oder Naturbilder mit Bewegung fotografiert, möchte vielleicht eine schnelle Kamera: Die Z 6 fotografiert mit 12 Bildern in der Sekunde. Wer lieber die volle Auflösung von 45 Mpx ausschöpfen möchte, wird eher zur Z 7 greifen. Das Rauschverhalten ist bei der Z 6 etwas besser als bei der Z 7, weil sie weniger Pixel auf dem Sensor hat. Also Theater- und Konzertfotografen: besser die Z 6. Wobei: Auch das Rauschverhalten der Z 7 ist nicht ohne. Moderne Sensoren sind so lichtempfindlich, dass Theater- oder Konzertfotografie aus der Hand heute mit allen mittel- bis hochpreisigen Kameras problemlos zu bewerkstelligen ist.
Ralf Turtschi ist Inhaber der R. Turtschi AG, visuelle Kommunikation, 8800 Thalwil. Der Autor ist als Journalist und Fotoreporter für die Gewerbezeitung, unteres linkes Zürichseeufer und Sihltal, unterwegs. Er ist als Dozent beim zB. Zentrum Bildung, Baden, tätig, wo er beim Diplomlehrgang Fotografie Fotobuchgestaltung lehrt und an der Höheren Fachschule für Fotografie das Studienfach Design unterrichtet. Kontakt: agenturtschi.ch, turtschi@agenturtschi.ch, Telefon +41 43 388 50 00.
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Autor
Ralf Turtschi
Ralf Turtschi ist Inhaber der R. Turtschi AG. Der Autor ist als Journalist und Fotoreporter für die Gewerbezeitung, unteres linkes Zürichseeufer und Sihltal, unterwegs. Er ist als Dozent beim zB. Zentrum Bildung, Baden,
tätig, wo er im Diplomlehrgang Fotografie der Masterclass Fotografie und an der Höheren Fachschule für Fotografie unterrichtet. - Rubrik Design & Praxis
- Dossier: Publisher 2-2019
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