Auch Druck will kommuniziert werden

Druckereien beschäftigen sich Tag für Tag mit Kommunikation – leider nur selten mit ihrer eigenen. Dabei ist es heute notwendiger denn je, die eigene Dienstleistung ins rechte Licht zu rücken und seine Expertise zu verdeutlichen. 

Über Jahrhunderte lief es für das Druckereiwesen wie von selbst: Seit Gutenberg hatte die Menschheit ja überhaupt nur zwei Möglichkeiten der «Massenkommunikation» – handschriftlich oder in gedruckter Form. Welcher Drucker brauchte da schon Werbung? Heute, im digitalen Zeitalter, sieht die Welt freilich anders aus: Nicht nur einzelne Druckereien müssen für ihre Dienstleistung werben; ein ganzer Industriezweig muss sein Handwerk propagieren. Das Umdenken, mit Spezialitäten und Geschichten potenzielle Kunden für ein Printobjekt zu begeistern, anstatt sich hinter einem Maschinenpark und millionenschweren Investitionen zu verschanzen, ist zwingend notwendig, wenn man nicht in den Strudel der Druckereipleiten hineingezogen werden möchte.

Die Botschaft ist alles

Natürlich ist jeder Drucker auf seine Maschinen stolz; hier steckt das Kapital des Unternehmens – das Geld, das Geld generieren soll. Und weil man sich so verlieren kann in Kapazitäten, Farb- und Lackwerken, in Bogen pro Sekunde und Ansaugmechanismen, gerät in Vergessenheit, dass all diese Fakten den Kunden herzlich wenig interessieren. Oder wann wurde bei Ihnen das letzte Mal bei einer Angebotseinholung explizit nach Ihrem Maschinenpark gefragt?

Sie können also diese technischen Botschaften zwar in die Welt setzen, um eventuelle Konkurrenten vor Neid erblassen zu lassen, bei einem Kunden wird das allenfalls ein Achselzucken hervorrufen. Das Einzige, das Sie, Ihren Betrieb, Ihre Mitarbeiter, Ihre Expertise am besten beschreibt, sind Ergebnisse. Und auf diese sollten Sie sich bei Ihren Kommunikationsmassnahmen letztlich konzentrieren. Lassen Sie sich nicht von Ihren Druckmaschinen die Show stehlen – die Technik ist das eine, das wirklich Gefragte ist das Handwerk, auf das Sie zu Recht stolz sein können. Gerade in der digitalen, kalten Welt möchte man – wenn man schon etwas drucken lässt – das sichere Gefühl haben, dass mit Herzblut, Know-how und von geschulter Menschenhand gefertigt wird. Rücken Sie so näher zum KundenMachen Sie sich nahbar, auch wenn das jahrhundertelang nicht erforderlich war.

Die Wahl des Mediums

Es ist erstaunlich, dass Druckereien so oft auf das digitale Pferd setzen, um sich in Position zu bringen. Natürlich wird man über Suchmaschinen gefunden, und selbstverständlich ist ein professioneller Online-Auftritt wichtig. Aber wenn der Metzger Ihres Vertrauens auf dem Probierteller an der Theke Karotten für Sie bereithält, würden Sie ihm dann ein Steak abkaufen? Warum sollte man also einer Druckerei die Produktion hochwertiger Printsachen anvertrauen, wenn sich diese nur digital präsentiert? Selbst reine Online-Druckereien setzen inzwischen wieder auf Printwerbung, um Kunden zu generieren – eine begrüssenswerte Entwicklung, die der gesamten Branche guttut.

Dabei muss es beileibe nicht bei der klassischen Broschüre bleiben, denn am besten funktioniert diejenige Kommunikationsmassnahme, die einen direkten Draht zum Kunden aufbaut. So realisierte im vergangenen Jahr beispielsweise die Druckerei Vogl eine Creatives Box, für die ein Aufruf unter Designern gestartet wurde: «Die klassischen Musterkarten mit den üblichen langweiligen Motiven waren uns zu einfach. Mit unserem Grafiker Manuel Haugke sind wir auf die Idee gekommen, Kreative anzusprechen und sie nach ihren Lieblingsdesignobjekten zu fragen. Diese haben wir dann mit Stylisten in Szene gesetzt und fotografiert», erzählt Ralf Vogl. Ein Tool mit Mehrwert: Die Expertise in Sachen Veredelung wurde greifbar vermittelt, das Projekt verbreitete sich auch viral und die beteiligten Kreativen agierten darüber hinaus als Kommunikatoren.

Auch das klassische Kundenmagazin kann dazu dienen, seiner Klientel ein Zugehörigkeitsgefühl zu vermitteln: Einblicke in das Betriebsleben, in die Realisierung ungewöhnlicher Produkte und die Vermittlung von Know-how, etwa was die Aufbereitung von Daten angeht, sind Themen, die dem Leser seinen den jeweiligen Dienstleister nahebringen. Zudem lässt sich damit bestens manifestieren, welche Sorgfalt bei Druck und Weiterverarbeitung an den Tag gelegt wird – in Kombination mit einer spannenden Covergestaltung und einer sorgfältigen Papierwahl ein zwar traditionelles, aber immer noch spannendes Instrument. Inspirierende Vorbilder gibt es hierfür mehr als genug: Das jährliche «Gotteswerk» der Druckerei Gotteswinter und Aumaier wurde beispielsweise nicht nur jeweils mit einem Release-Kundenevent gefeiert, sondern es räumte darüber hinaus auch zahlreiche Designpreise ab. Ob für die Pressearbeit oder aber auch im Kundengespräch, solch eine Auszeichnung ist über das Magazin hinaus ein idealer Aufhänger und dient als Kommunikationsbaustein. Ebenfalls jährlich verschickt die Buchbinderei Bubu ein immer wieder überraschendes Neujahrsbuch an Kunden und demonstriert damit eindrucksvoll ihre Expertise. Aber natürlich kann man auch inhaltlich überraschen: Die Druckerei Steudler liess den Claim «Gleich ist nicht gleich» mit einer Zwillingsbroschüre von Schaffner & Conzelmann umsetzen – gedruckt wurde in verschiedenen Techniken.

Zeigen Sie sich

Ob Kundenmagazin oder aufwendiges Booklet – keines der Instrumente ersetzt den persönlichen Kontakt zur Zielgruppe. Nutzen Sie also die zahlreichen Gelegenheiten, sich und Ihre Produkte live zu präsentieren, und sehen Sie ruhig ein wenig über den Tellerrand hinaus: Nicht immer müssen es die bekannten Branchenveranstaltungen sein, auf denen Sie ohnehin in direkter Konkurrenz mit Mitbewerbern um Aufmerksamkeit buhlen. Es gibt unzählige Designkonferenzen und -veranstaltungen in der Schweiz, in Österreich und Deutschland, die oft Messestandplätze für ein überschaubares Budget oder aber Sponsoringpakete anbieten. Hier treffen Sie auf ein Publikum, das Sie gleich in mehrfacher Hinsicht bereichern wird: Zum einen sind es meist die Grafikdesigner, die ihren Industriekunden eine Druckerei empfehlen. Zum anderen haben Designer ein sehr feines Gespür für aufkommende Trends. Neben der reinen Kundenakquise erhalten Sie also vielleicht auch die eine oder andere Idee für die Erweiterung des Produktportfolios oder Sie können Dienstleistungen gezielter bewerben. Oder aber Sie werden selbst aktiv und veranstalten, vielleicht zusammen mit Partnern, ein eigenes Event – die Independent Paper Show ist inzwischen weit über die Schweizer Landesgrenzen bekannt und glänzt nicht nur mit höchst aufwendig produzierten Einladungen, die hohe Erwartungen schüren.

Keine Angst vor Kundenklau

Oft ist man erstaunt, wie scheu Druckunternehmen sind, Auftragsarbeiten zu präsentieren, und noch mehr erstaunt auf Nachfrage die Begründung hierfür: Die Angst davor, dass Konkurrenzunternehmen einem die eigenen Kunden abwerben könnten, ist in dieser Branche anscheinend grösser als gemeinhin vermutet. In meinen Augen ist diese Sorge unbegründet, denn wer einmal mit einer Druckabwicklung rundum zufrieden war, wird wegen einiger Franken oder Cent Ersparnis sicherlich nicht das Risiko auf sich nehmen, den Dienstleister zu wechseln.

Hier schliesst sich der Kreis zum Probierteller in der Metzgerei: Zeigen Sie, was Sie können und haben. Denn auch Ihre Kunden und deren Kunden werden stolz sein, ihr Printobjekt auf Ihrer Website oder in Ihrer Broschüre zu sehen, und dies wiederum selbst verbreiten. Wer im Verborgenen arbeitet, kann in einer bildgesteuerten Welt nicht auf das kraftvolle Instrument der viralen Kommunikation setzen – ein verschenktes Potenzial.

Print ist nicht alles

Natürlich dürfen bei aller Begeisterung für Print die Online-Kanäle nicht ausser Acht gelassen werden. Instagram ist hier wohl derzeit die beliebteste Plattform, um auf sich aufmerksam zu machen. Dies bedarf allerdings einer gewissen Regelmässigkeit und vor allen Dingen ästhetischer Bilder. Die Investition in einen professionellen Fotografen lohnt sich in jeglicher Hinsicht: Eine gute, stringente und damit ein Stück weit auch zeitlose Fotostrecke, die Ihren Betrieb, Ihre Produkte und, ja, auch Ihren Maschinenpark ansprechend inszeniert, lässt sich später für alle Kanäle bestens einsetzen. Auch regelmässige Presseaussendungen sowie Newsletter zu eher abstrakten Themen können mit neutralen, aber ansprechenden Bildern perfekt angereichert werden. So werden Ihre Neuigkeiten auch eher in Publikums- und Fachzeitschriften berücksichtigt.

Über all diesen Massnahmen steht eine grosse Überschrift: Versetzen Sie sich in Ihren Kunden. Dieser hat im Worst Case gar keine Ahnung von Ihrem Handwerk – bringen Sie ihm dieses nahe mit eindrucksvollen Bildern, haptischen Reizen und spannenden Inhalten. Erzählen Sie Ihre Geschichte, von Ihrer Leidenschaft sowie den unschlagbaren Vorzügen von Print – Sie werden erstaunt sein, welches Feuer damit entfacht werden kann …

  • Autor Bettina Schulz
    Bettina Schulz ist freiberufliche Texterin und Journalistin in München. 18 Jahre lang leitete sie als Chefredakteurin das internationale Fachmagazin novum World of Graphic Design und initiierte in dieser Zeit auch die alle zwei Jahre stattfindende Creative Paper Conference in München. Zudem ist sie Jurymitglied verschiedener (internationaler) Designwettbewerbe wie beispielsweise dem Red Dot Communication Design, dem Design Preis München oder dem IIIDaward und hielt bereits zahlreiche Vorträge. Zu ihren Kunden zählen Verlage, Agenturen und Kreative sowie Unternehmen aus der Wirtschaft. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf den Bereichen Papier, Druck und Veredelung. www.bettina-schulz.de.
  • Rubrik Print
  • Dossier: Publisher 4-2019

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