Bildrauschen entfernen

Das Duo Lapsus auf der Bühne. Im linken Teil mit einer Simulation von starkem Bildrauschen, rechts korrigiert.

Schummriges Grundlicht direkt von oben, Theaterscheinwerfer, schlechte Sichtposition, Akteure, die sich bewegen: schlechte Karten für die Fotografie. Wie es trotzdem klappt, zeigt unser Beitrag.

Dank hoher ISO-Werte wird die digitale Empfindlichkeit so gesteigert, dass auch bei relativer Dunkelheit ganz passable Bilder entstehen können. Voraussetzung ist allerdings eine neuere Kamera, ob spiegellos oder mit Spiegel, spielt hier keine Rolle. Es gilt die Regel: je grösser der Sensor und je kleiner die Zahl der Pixel, desto besser kann die Kamera mit dunklen Lichtsituationen umgehen. Eine Vollformatkamera mit einem Sensor von 36 × 24 mm, der 20 Megapixel aufzeichnet, ist bezüglich Bildrauschen besser dran als eine solche, die 45 Megapixel aufzeichnet. Mit Handykameras an irgendwelchen Aufführungen zu fotografieren geht im Prinzip auch, wenn auch nervenaufreibend, wie man feststellen muss. Solche Bilder rauschen aber erheblich und sind für eine Reproduktion und für den Druck wenig geeignet.

Bildrauschen entsteht, wenn das Helligkeitssignal auf dem Sensor ungenügend ist und deshalb verstärkt werden muss, es wird gepusht. Bildrauschen manifestiert sich in allen Helligkeitswerten, es ist aber vor allem in den mittleren bis dunklen Stellen signifikant sichtbar. Es entsteht auch, wenn ein Foto grundsätzlich unterbelichtet und nachträglich in Lightroom oder Photo­shop stark aufgehellt wurde. Dies unabhängig vom eingestellten ISO-Wert.

Mit dem ISO-Wert in der Kamera wird ein solches Aufbrezeln standardmässig möglich. Der niedrigste ISO-Wert ist in der Regel 100, damit wird die geringste Lichtempfindlichkeit eingestellt. Beim Nachthimmel fotografiere ich mit 3200 ISO die Sterne, dort belichte ich 10 Sekunden. Auf der Theaterbühne bewegen sich die Akteure, und die Belichtungszeit beträgt etwa 1/200 bis 1/640 Sekunde, will man keine Bewegungsunschärfe in Kauf nehmen. Lichtstarke Objektive sind hier klar im Vorteil. Zwei Blendenstufen mehr Licht bedeutet eine kürzere Belichtungszeit und/oder einen kleineren ISO-Wert. Ob das Objektiv nun die Lichtstärke f 2,8 oder f 4,5 aufweist, macht schon einen Unterschied. Moderne Kameras können gut mit 6400 bis 10 000 ISO arbeiten und ansprechende Bilder erzeugen. Auch Handys sind heute ganz gut in der Lage, mit schlechten Lichtverhältnissen umzugehen – bis man solche Fotos im Format A4 oder grösser ausgeben will. Dann kommt ein unappetitliches Bildrauschen zum Vorschein. Digitalkameras neuerer Bauweise weisen generell ein besseres Rauschverhalten auf als ältere Modelle – ein Grund, der für eine neue Kamera spricht.

Das Bildrauschen wird grösstenteils durch die Verkleinerung eines Fotos im Druck herausgerechnet. Ein Beispiel: Ein APS-C-Sensor-Foto hat eine Auflösung von 6000 × 4000 Pixel. Dies ergibt eine Abbildungsgrösse im Druck (bei 300 ppi) von rund 50 × 30 cm. Wenn das Bild in einem Magazin für eine Breite von 12 cm heruntergerechnet wird, verschwindet das Bildrauschen grösstenteils – es wird einfach herausinterpoliert. So weit eine Relativierung des «Problems», das oft gar keines ist.

Bildrauschen hat, wie die Schärfe, etwas mit dem Betrachtungsabstand zu tun. Unser Auge hat eine begrenzte Sehschärfeleistung, und aus einer gewissen Entfernung betrachtet, ist auch grobes Bildrauschen nicht mehr erkennbar. Es besteht technisch gesehen aus einem Luminanzrauschen (Helligkeitsrauschen) und einem Farbrauschen. Aus praktischer Sicht ist Luminanzrauschen das störende Problem, das Farbrauschen ist nicht so offensichtlich und darf vernachlässigt werden.

Wenn das Bild mit dem Belichtungsregler B aufgehellt wird, wird das Bildrauschen verstärkt sichtbar.
Mit einer massvollen Regelung kann Bildrauschen gut herausgerechnet werden.

Ich entferne Bildrauschen, indem ich erst ein paar Grundeinstellungen vornehme, die das Rauschen unterdrücken und erst nachher wende ich den Filter Rauschreduzierung an.

Die Korrektur des Bildrauschens erfolgt über Filter > Camera-RAW-Filter in Photo­shop. In Lightroom existiert der exakt gleiche Filter bei den Grundeinstellungen > Details > Rauschreduzierung. Je weiter der Schieberegler Luminanz bei Rauschreduzierung nach rechts gezogen wird, desto mehr verliert das Foto an Schärfe. Es wirkt leicht schwammig. Mit den Reglern Details kann die Detailzeichnung teilweise wieder hergestellt werden. Es gilt, Augenmass zu halten und die Regler nicht einfach wie wild hin- und herzuschieben. Die Werte zwischen 20 und 50 (bei Rauschreduzierung)sind in den meisten Fällen angemessen. Es kommt natürlich immer auf das vorhandene Bildrauschen und den Abbildungsmassstab in der Ausgabe an.

Rauschreduzierung beginnt mit optimalen Grundeinstellungen in Lightroom: A regelt die Farbtemperatur, B verhindert, dass die hellsten Töne ausfressen, mit C werden die dunklen Töne (mit dem Bildrauschen) zugedunkelt, mit D wird der Kontrastumfang gemildert, was sich ebenfalls günstig auf das Bildrauschen auswirkt.
Einstellungen in Lightroom: E reduziert das Bildrauschen relativ gut. Werte zwischen 20 und 50 ausprobieren. Mit Details kann die verlorene Schärfe etwas zurückgewonnen werden.
F eliminiert das Farbrauschen, wie die zweite Abbildung oben im Vergleich zeigt.

Ein guter Weg ist auch, das Bildrauschen in der vollen Bildgrösse moderat zu reduzieren, anschliessend das Foto auf die Ausgabegrösse zu verkleinern und in dieser Grösse nachzuschärfen.

Daneben empfehle ich, in Lightroom/Photoshop die Regler Tiefen und Dunst entfernen auszuprobieren. Die Tiefen sollten nicht zusätzlich aufgehellt werden, der Regler sollte eher nach links gegen die Mitte gezogen werden. Bei Dunst entfernen ziehe ich den Regler jeweils etwas nach links, so wird der Kontrast etwas verkleinert und das Bildrauschen verschwindet ganz natürlich.

Wer Photoshop/Lightroom nicht ausreichend findet, wird sich die Software Topaz Denoise AI ansehen müssen. Damit kann ein Foto gleichzeitig entrauscht und geschärft werden.

Oben ist Farbrauschen sichtbar (in einer ­Simulation), unten ist es korrigiert.

Schon früher war bei Vergrösserungen immer ein Fotokorn sichtbar und bis heute stört sich niemand daran. Im digitalen Perfektionismus kann Bildrauschen störend sein – muss aber nicht. Es geht auch immer darum, ob ein Bild glaubwürdig wirkt oder ob es sichtlich bearbeitet wurde. Ein natürliches Foto mit etwas Bildrauschen ist besser als ein verpfuschtes Foto, bei welchem die Schieberegler überdreht angewendet wurden.

  • Autor Ralf Turtschi
    Ralf Turtschi ist Inhaber der R. Turtschi AG. Der Autor ist als Journalist und Fotoreporter für die Gewerbezeitung, unteres linkes Zürichseeufer und Sihltal, unterwegs. Er ist als Dozent beim zB. Zentrum Bildung, Baden,
    tätig, wo er im Diplomlehrgang Fotografie der Masterclass Fotografie und an der Höheren Fachschule für Fotografie unterrichtet.
  • Rubrik Fotografie
  • Dossier: Publisher 2-2020
  • Thema Bildrauschen, Theaterfotografie

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