«Keine Druckerei gleicht heute einer anderen!»

Im Juli 2020 wurde mit Zaikio eine Innovation ins Leben gerufen, die Print-Unternehmen aller Couleur für die Herausforderungen der Zukunft rüstet. Zaikio Co-Founder und Managing Director UX Matthias Prinz gewährt im Publisher-Interview einen Einblick in das Innenleben und die aktuellen Entwicklungsvorgänge bei Zaikio.

Herr Prinz, wie schätzen Sie die aktuelle Situation der Print–Branche ein?
Der Drucksektor ist stetigem Wandel unterworfen. Im engen Wettbewerb ist allen klar, dass sich im eigenen Unternehmen etwas ändern muss, um künftig konkurrenzfähig zu sein – Stichwort Digitalisierung. Wie dieser Wandel konkret aussieht, welche Schlüsse gezogen werden müssen und welcher unternehmerische Kurs verfolgt werden soll, wissen die wenigsten. Dieses zögerliche Handeln ist nicht zuletzt auf die Tatsache zurückzuführen, dass mit der Umstellung auf digitalisierte Prozesse grosse Investitionen einhergehen. Es zeigt sich, dass diejenigen Firmen, die diese Aufwendungen für die Digitalisierung stemmen können, auch entsprechend grosse Marktanteile halten – und diejenigen, die dazu nicht in der Lage sind, eher Gefahr laufen, den Anschluss zu verpassen.

Zumal viele Player in der Industrie noch der Meinung sind, dass Qualität als Alleinstellungsmerkmal reicht. Meiner Auffassung nach arbeiten Druckereien heute nicht mehr so. Natürlich muss ein hohes Leistungsniveau gehalten werden, aber es wird vergessen, dass anderen Faktoren, vor allem Flexibilität in allen Bereichen, eine mindestens genauso wichtige Rolle zukommt. Der Kunde fragt sich zusehends: «Kann mein Artikel in kleinster Auflagen binnen kürzester Zeit an verschiedene Orte geliefert und dabei noch speziell kommissioniert werden?» Die Individualität der Klienten, die sich besonders bei ihren Wünschen und Bedürfnissen äussert, rückt ebenso immer mehr in den Vordergrund. Entsprechend agil und vielseitig müssen sich Druckereien heute aufstellen – kein Print-Unternehmen gleicht heute einem anderen. Jede Firma braucht eigens auf sie zugeschnittene Softwareaspekte und Tools, die zusammengebracht werden müssen – und das sollte reibungslos funktionieren. Die Grundlage dafür legen wir mit Zaikio.

In wenigen, einfachen Worten: Was ist ­Zaikio?
Zaikio ist eine offene Plattform, welche alle Teilnehmer der Druckmedienindustrie auf technischer Ebene zusammenbringt. Dabei handelt es sich nicht nur um Druckereien, sondern auch um Zulieferer, Softwareanbieter, Maschinenproduzenten und Print Buyer. Indem wir die Systeme dieser Teilnehmer vernetzen, treiben wir die Digitalisierung, ihrer Prozesse voran und ermöglichen es so, Transaktionskosten deutlich zu senken.

Wie wird Zaikio von den Nutzern bisher aufgenommen? Was erachten diese als besonders wertvoll?
Wir folgen bei Zaikio grundsätzlich dem Prinzip, mit unseren Produkten möglichst früh an den Markt zu gehen, um schnellstmöglich Kundenfeedback zu sammeln und so unsere Software laufend zu verbessern. Und die Rückmeldungen zu Zaikio sind sensationell – zwar nicht, weil die Plattform auf einen Schlag alle Probleme der Druckereien löst. Das wäre in einem so frühen Entwicklungsstadium auch illusorisch zu glauben. Es wird – so meine Einschätzung – noch ein, zwei Jahre dauern, bis wir mit Zaikio richtig Fahrt aufnehmen.

Vielmehr sehen die Kunden, dass ihre Probleme erkannt und ernst genommen werden: Die Herausforderung ist nicht, aus den Druckmaschinen noch die letzten Prozentpunkte Leistung herauszukitzeln, um noch mehr Durchsatz zu erreichen. Wir haben mit Zaikio einen Nerv getroffen und setzen dort an, wo viel Zeit aufgrund nicht wertschöpfender Prozesse und unnötiger, schwerfälliger Arbeit verloren geht. Als Paradebeispiel ist da der Materialbeschaffungsprozess zu nennen, der vielerorts noch extrem manuell abläuft – man denke nur an Papierlisten in verschiedenen Dateiformaten, undurchsichtige Papierpreise oder umständliche Bestellungen per Telefon und Fax. Mit unserer Plattform können diese mühseligen Aufgaben effizienter gestaltet werden.

Was sind die grössten Stolpersteine oder Herausforderungen bei der Entwicklung von Zaikio?
Aktuell wenden wir sehr viel Energie und Herzblut mit dem Ziel auf, dass unser Business verstanden wird. Das bedeutet zum einen weiterhin, alle Teilnehmer der Druck-/Mediensparte – vom Papierlieferanten bis zum Kunden – auf die Plattform zu bringen.

Zum anderen müssen potenziellen Nutzern überhaupt erst die Möglichkeiten aufgezeigt und sie für Themen wie Cloud-Dienste und Digitalisierung sensibilisiert werden. Hier ist sehr viel Überzeugungsarbeit gefragt. Branchenteilnehmer wissen wohl, dass die Zukunft in der Cloud liegt, wie man sich dies allerdings zu Nutze machen kann, ist vielen noch nicht bewusst – wenngleich sich die Situation in den vergangenen Jahren und Monaten massiv verbessert hat.

Woran wird derzeit gearbeitet und welche Schritte sind in den nächsten Monaten ­geplant?
Unser erstes Etappenziel war, geeignete Pilotkunden und -partner auf unsere Plattform zu bringen und ihnen und ihren Systemen Zugriff zu verschiedenen Aspekten unserer Plattform zu ermöglichen, sprich Authentifizierung und Autorisierung. Diese Problemstellung haben wir mit der Veröffentlichung des kostenlosen Zaikio-Accounts gelöst.

Das zweite Teilstück ist, die in Zaikio angebundenen Systeme allen Nutzern zur Verfügung zu stellen. Dies gelang uns mit der Implementierung des Zaikio App Stores sowie der nötigen Schnittstellen/APIs. Die Nutzer sind nun in der Lage bestehende sowie neue Anwendungen über Zaikio zu nutzen.

Zur dritten und aktuellsten Herausforderung gehört der standardisierte Datenaustausch bzw. die Entwicklung eines einheitlichen Datenniveaus. Wir haben uns die Frage gestellt, wie Daten über Zaikio einer Software zugespielt, von dieser bearbeitet und dann für die weitere Verarbeitung wieder zurückgespielt oder an eine andere Anwendung weitergeleitet werden können. Das Puzzleteil, das dieses dritte Problem lösen soll, wird «Mission Control» sein, und aller Voraussicht nach diesen Sommer in die Beta-Phase gehen. Geplant ist der definitive Launch von Mission Control dann im Herbst oder Winter.

Kürzlich haben wir ausserdem unsere erste Zaikio-App unter dem Namen «Procurement» gelauncht. Dieses Produkt ermöglicht bereits jetzt einen automatischen Datenaustausch zwischen Druckerei und Papier-Lieferanten und wird wirklich sehr gut aufgenommen.

Wie sieht eine Druckerei aus Ihrer Sicht in 10, 15 Jahren aus? Was sind die dringlichsten Probleme, der sich die Branche aktuell stellen muss?
Ganz allgemein bin ich positiv gestimmt und der Meinung, dass Druck wichtig bleibt und sogar an Bedeutung gewinnen wird. An der Digitalisierung führt, wie erwähnt, sicherlich kein Weg vorbei. In diesem Zusammenhang sind Standortbestimmung und Aufklärung für eine Druckerei wichtige Schlagworte. Es gilt, sich eingehend zu informieren und beraten zu lassen. Gleichzeitig sollte aber auch analysiert werden, wohin man mit seiner Unternehmung will, wie man sich in Zukunft positioniert – und worauf man sich spezialisiert. Aus meiner Sicht führt der Weg in zwei Richtungen: Fokussierung auf hochwertige, veredelte oder individualisierte Produkte in kleinen Auflagen, gekoppelt mit einem hohen Servicegrad und Zusatz-Dienstleistungen auf der einen Seite und Hoch-industrialisierte und vollautomatisierte Produktionslinien, gesteuert durch herstellerübergreifende Software auf der anderen Seite. So wie ich das sehe, werden Print-Unternehmen also zusehends zu Service-Dienstleistern auf mehreren Ebenen. Der Druck an sich wird nur noch ein Aspekt einer Druckerei sein. Genau aus diesem Grund ist es so entscheidend, dass alle Komponenten oder Teilbereiche der Druckerei der Zukunft nahtlos miteinander verknüpft sind und ohne Umschweife kommunizieren können. ↑

Matthias Prinz ist Co-Founder und ­Managing Director UX bei der Zaikio GmbH. Mit seinem Team sorgt er dafür, dass Zaikio für seine Zielgruppen optimal funktioniert und legt den Fokus dabei auf ein sinnhaftes und ansprechendes ­Produktdesign. zaikio.com

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