Von Bildschirmen und geröstetem Brot

In den ersten drei Teilen der Farbmanagement-Artikel­serie wurde dargelegt, was Farbe ist, wovon sie abhängt und wie man sie beschreibt. Im vierten ­Beitrag der Reihe, die in Zusammenhang mit der Fogra entsteht, geht es um die farbliche Charakterisierung von Ein- und Ausgabegeräten mittels ICC-Farbmanagement.

Vom Toaster zum Farbprofil
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Es ist Frühstückszeit und sie machen sich einen Toast. Sie stellen den Toaster auf die mittlere Stufe 5 und bekommen einen goldgelben Toast – genauso wie sie es wollen. Am kommenden Morgen sind Sie bei Freunden zum Frühstück eingeladen und gehen genau gleich vor – nur ist das Ergebnis ein enttäuschendes: Dieses Mal ist der Toast bei Stufe 5 kaum braun geworden. Mit diesem Wissen gehen sie beim nächsten Morgenessen schlauer vor und bitten um den Toastkatalog – einer Auflistung aller möglichen Toastfarben. Ihr Gegenüber wird sie fragen, ob sie schlecht geschlafen haben, doch sie erwidern: «Bitte nimm 10 Stück Weissbrot und teste alle 10 Stufen deines Toaster aus.» Gesagt, getan. Ein kurzer, prüfender Blick reicht, um zu sehen, dass bei diesem dritten Toaster die Stufe 7 genau die ist, um den goldgelben Toast zu erhalten.

Mit dem Farbmanagement verhält es sich nicht anders. Um im Bilde zu bleiben: Unsere «Toaster» kommen in mannigfaltiger Variation vor: Scanner, Kameras, Bildschirme oder Drucker. Sie alle handhaben Farben ein wenig anders und müssen beschrieben werden – unter Zuhilfenahme einer Katalogisierung der Toastbräune – oder wie es das Farbmanagement beschreibt – eines ICC-Profils. Ein Profil verbindet also die Farbwerte (Lab) mit den nötigen Ansteuerungswerten (RGB bei Bildschirmen, CMYK bei Druckern etc.). Für die Transformation von Eingabefarbräumen zum PCS und von diesem zum jeweiligen Ausgabefarbraum sowie für die direkte Transformation zwischen Eingabe- und Ausgabefarbraum wurden sieben verschiedene Profiltypen definiert. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Definition zulässiger und notwendiger Datenstrukturen ­sowie durch die Fokussierung auf den jeweiligen Aufgabenbereich. Die vier wichtigsten sind:

  • Eingabeprofile (Input Profiles), welche die Transformation der Farbwerte von Aufnahmegeräten, wie z. B. einer Kamera oder eines Scanners, in den Austauschfarbraum ermöglichen
  • Ausgabeprofile (Output Profiles), welche die Transformation von Lab in die Ansteuerungswerte des Ausgabe­geräts, z. B. die CMYK-Farbwerte eines Druckers, sowie die jeweiligen inversen Abbildungen vorhalten (also CMYK nach Lab)
  • Displayprofile, die verantwortlich sind für die bidirektionale Transformation zwischen den Ansteuerungswerten für Bildschirme sowie Projektoren und dem PCS , d. h. Lab
  • DeviceLink-Profile, die eine unmittelbare Transformation zwischen zwei Gerätefarbräumen realisieren (z. B: RGB zu CMYK)

Das Grundkonzept des ICC-Farbmanagements ist die Entkopplung von Transformationen zwischen individuellen Aufnahme- und Ausgabegeräten. Ohne diese Entkopplung müsste eine Transformation von jedem Aufnahme- zu jedem Ausgabegerät erstellt werden – ein riesiger Aufwand. Diese Entkopplung von Eingabe- und Ausgabetransformation wird durch die Einführung eines geräteunabhängigen Austauschfarbraums, des PCS (CIELAB-Farbwerte) ermöglicht. Eine Reproduktionskette umfasst somit typischerweise ein Eingabeprofil, das die Transformation der geräteabhängigen Farbwerte in den geräteunabhängigen PCS beschreibt, und ein Ausgabeprofil, das ausgehend vom PCS die entsprechende Abbildung in die geräteabhängigen Ausgabewerte definiert. Dieses Grundkonzept ist in Abb. 1 dargestellt und Ausgangsbasis vieler Farbreproduktionssysteme.

Abb. 1: Schematische Darstellung des ICC-Farbmanagementkonzepts für verschiedene RGB-Eingangsfarbräume und RGB bzw. CMYK-Ausgangsfarbräume.

Eine Farbvorlage wird mit einem Eingabegerät, z. B. einem Scanner oder einer Digitalkamera, digitalisiert. Mit Hilfe eines ICC-Eingabeprofils werden die geräteabhängigen Farbwerte, z. B. RGB, in den geräteunabhängigen Austauschfarbraum abgebildet. Soll das Bild nun mit einem speziellen Ausgabegerät für bestimmte Betrachtungsbedingungen reproduziert werden, so wird es mit Hilfe eines Farbrechners (CMM, Color Matching Module) und des Ausgabeprofils in die geräteabhängigen Farbwerte des Ausgabegeräts, z. B. CMYK, transformiert. Ebenso ist eine direkte Transformation ohne Verwendung des PCS zwischen zwei Geräten möglich. Diese wird DeviceLink-Profil genannt und ist Gegenstand eines eigenen Artikels. Die Geräteunabhängigkeit des PCS wird durch die Festlegung der Verwendung der CIELAB- oder CIEXYZ-Farbwerte erreicht. Vor dem Hintergrund der Initiierung des ICC-Farbmanagements im Jahr 1993 durch die Fogra, mit dem Schwerpunkt auf die Belange der grafischen Industrie, wurden die Bezugslichtart D50 und der 2°-Normalbeobachter festgelegt.

Die Reproduktion von Farbe ist, nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Farbumfänge, sehr stark anwendungsfall- und benutzerabhängig. Mit dem Ziel, wesentliche Wiedergabeabsichten (RI, Rendering Intents) abzudecken, wurden vier Rendering Intents definiert.

  1. wahrnehmungsbezogene Reproduktion (Perceptual)
  2. medienrelative Reproduktion ­(Media-­Relative Colorimetric)
  3. sättigungserhaltende Reproduktion ­(Saturation)
  4. farbmetrische Reproduktion (Absolute Colorimetric)

Welcher Rendering Intent ist nun der Richtige?
Die Antwort auf diese Frage ist erwartungsgemäss: Es kommt darauf an, ob man Datenersteller oder Druckdienstleister ist. Datenersteller bereiten Daten für eine Referenzdruckbedingung (z. B. FOGRA39 oder dessen Nachfolger FOGRA51) auf, für die sie oft nicht die genauen Druckbedingungen kennen. Druckdienstleister dagegen bekommen Daten unbekannter Qualität und Herkunft («Kraut & Rüben»). Sie müssen die aufbereiteten Daten für den konkreten Druckprozess bestmöglich anpassen.

Datenersteller
Vereinfacht kann man sagen, dass für die Aufbereitung von RGB-Bilddaten unbekannter Herkunft der wahrnehmungsbezogene Rendering Intent am besten ist. Das ist für die Aufbereitung eines Adobe-RGB-Bildes im standardisierten Offsetdruck auf Bilderdruckpapier (FOGRA51, ehemals FOGRA39) in Abb. 2 dargestellt. Hierbei heisst der «Toasterkatalog» PSOCoated V3, der Nachfolger von ISOCoated V2.

Abb. 2

Hat man hingegen Bilder, welche bereits fachmännisch korrigiert und retuschiert wurden – freilich an einem kalibrierten und profilierten Bildschirm mittels Softproof – so kann die relative Transformation empfohlen werden. Hierbei sollte die Tiefenkompensierung zusätzlich aktiviert werden, siehe Abb. 3.

Soll von den aufbereiteten Druckdaten ein Prüfdruck erstellt werden, so ist die absolut farbmetrische Wiedergabe zu wählen. Dies geschieht heutzutage meist automatisch im Prüfdrucksystem. Grund hierfür ist die Tatsache, dass der Epson Proofer nicht zeigen soll was er kann, sondern er soll «nur» die Farben der Referenzdruckbedingung 1:1 auf das Proofsubstrat bringen. Das ist die spätere Referenz für den Drucker – aber auch für den Datenersteller als Qualitätsnachweis seiner Reproarbeit.

Druckdienstleister
Die Auswahl der Farbtransformation ist meist Gegenstand vielfältiger Einstellungen im Drucker-Rip. Sind die Druckdaten für die aktuelle Druckbedingung korrekt aufbereitet, so können die Daten ohne weitere Farbtransformationen 1:1 gedruckt werden. Meistens ist dem aber nicht so.

Als Faustformel sollen hier zwei Ansätze empfohlen werden. Die Umhebung von aufbereiteten, d. h. CMYK-Bildbeständen, sollte mittels relativ farbmetrischer Transformation (+ Tiefenkompensierung) erfolgen. Bekommt der Dienstleister unaufbereitete, d. h. RGB-Daten, dann ist eine wahrnehmungsbezogene Aufbereitung für die Standarddruckbedingung FOGRA51 (PSO Coated V3) zu empfehlen.

Abb. 3

Ergo
Farbmanagement ist der korrekte Umgang mit Toastern. Vergleichbar mit der Einführung der englischen Sprache in Indien als Austausch-«Farbraum» dient der CIELAB-Farbraum als Schnittstelle für Eingabe- und Ausgabeprofile. Man muss also bei der Aufnahmen noch nicht an später denken. Freilich gibt es auch hierzu noch viele weitere Informationen, sodass nach der Lektüre der ersten vier Beiträge dem Besuch eines Farbmanagement Seminars nichts mehr im Wege steht.

Das Forschungsinstitut für Medientechnologie Fogra wurde vor 70 Jahren gegründet und verfolgt als eingetragener, gemeinnütziger Verein den Zweck, die Druck- und Medientechnik in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Anwendung zu fördern und die Ergebnisse für die Druckindustrie nutzbar zu machen. Die Fogra zählt rund 900 Mitglieder aus verschiedenen Feldern des Druckgewerbes und hat ihren Sitz in Aschheim bei München.

Kommentieren

60 + = 69

*Pflichtfelder

Ihre Persoenlichen Daten werden nicht veroeffentlicht oder weitergegeben.