In den Strassen von Bagdad

Bagdad, die Stadt aus Tausendundeiner Nacht, die Heimat Aladins … Angesichts der jüngeren Vergangenheit scheinen die märchenhaften Zeiten schon längst vorbei zu sein. Doch die Stadt lebt und freut sich auf eine blühende Zukunft. Ich durfte Bagdad besuchen und versuchte mich in Street Photography.

Freundliche und aufgestellte Menschen trafen wir überall in Bagdad

Heilige Schreine in atemberaubenden, goldenen Moscheen, ein 40 Meter hohes, einer in zwei Hälften geschnittenen Blütenknospe gleichendes Monument in Türkis, eine Region voller mesopotamischer Schätze an einem historischen Fluss namens Tigris. Das könnte eine Ortschaft aus einer morgenländischen Erzählung in «Tausendundeine Nacht» sein. Beschrieben wird jedoch die irakische Hauptstadt Bagdad.

Lange Zeit machten Bagdad und der Irak nur mit Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam. Terror, Bomben und Entführungen prägten die mediale Berichterstattung aus der Region. Daher erstaunt es nicht, dass eine Reise in die Metropole am Tigris auf den ersten Blick waghalsig erscheint. Tatsächlich ist Bagdad ein Ort mit touristischem Charme und gegenwärtig ist eine Reise dahin ungefährlich, denn der IS (Islamische Staat) ist genauso wie die Amerikaner abgezogen.

Eine Hochburg der Kultur im Wiederaufbau
Kulturell ist Bagdad ein unerschöpflicher Fundus an Schätzen aus verschiedenen Epochen. Die Geschichte des Landes selbst reicht extrem weit zurück: Vom alten Babylon gibt es in der Stadt Hilla, etwa eine Stunde Fahrt von Bagdad entfernt, eine beeindruckende Ausgrabungsstätte der damaligen Metropole. Die zum Teil wieder aufgebaute Stadt beeindruckt mit ihren Ausmassen und architektonischer Intelligenz. Die Kriege, amerikanische Besatzung und nicht zuletzt der IS richteten einen grossen Schaden an und man geht davon aus, dass Steine aus den historischen Mauern und Kulturgüter in grossem Stil entwendet wurden.

Bagdad selbst wurde im Jahr 762 gegründet und erlebte als irakische Hauptstadt einen steilen Aufstieg, aber auch immer wieder Rückschläge.

Die Spuren der vergangenen Konflikte sind noch überall sichtbar. Ruinen oder Einschusslöcher in Gebäuden rufen immer wieder in Erinnerung, dass dieses Land eigentlich eben erst aus einem jahrelangen Würgegriff der Gewalt erwacht. So scheint ein ehemaliges Quartier mit Gebäuden im britischen Kolonialstil nach der Besetzung durch den IS in der Zeit stillzustehen. Ein anderer Stadtteil aus der gleichen Zeit wurde liebevoll wieder aufgebaut und die Gebäude restauriert.

Neben den historischen Sehenswürdigkeiten bietet Bagdad auch zahlreiche Moscheen. Unter ihnen die grösste und wohl auch beeindruckendste: Die Al-Kazimiyya-Moschee, gebaut zu Beginn des 16. Jahrhunderts.

Blick in eine Metzgerei

Auf nach Bagdad!
Für Abenteuerreisende bietet der Irak eine ansprechende Auswahl an Attraktionen, verbunden mit einer Gesellschaft, die im Aufbruch ist und mit Elan am Wiederaufbau arbeitet. Zusätzlich wird im Irak der Tourismus wieder gefördert und so kommt es, dass das Land seit kurzem für zahlreiche europäische Staatsangehörige die Einreise mittels «Visa on Arrival» erleichtert. Für mich Grund genug, dahin zu reisen. Leider wussten zum Zeitpunkt meiner Abreise noch nicht alle westlichen Behörden von den neuen Einreisebedingungen, aber das ist eine andere Geschichte. Wer es bis nach Bagdad schafft, der kann ohne Probleme einreisen.

Stadt der Gegensätze: In Bagdad gibt es Althergebrachtes…

Mit leichtem Gepäck unterwegs
Mit einer Ricoh GRIII Street Edition im Handgepäck habe ich mich in Begleitung eines Freundes via Istanbul auf den Weg nach Bagdad gemacht. Diese äusserst kleine Kompaktkamera ist seit Ende 2020 regulär erhältlich und dank ihrer handlichen Grösse stets griffbereit.

So eignet sie sich speziell für die klassische Street Photography. Mit dem 24MP APS-C Sensor und einer lichtstarken Festbrennweite von 18,3 mm werden lebendige Bilder auch in schwierigen Situationen eingefangen. Dank der Festbrennweite brauchte ich mir auf der Reise keine Gedanken zum verwendeten Objektiv zu machen. Man hat den festgelegten Bildausschnitt, arbeitet damit und das spart natürlich zusätzliches Gepäck.

… und Modernes zu bestaunen

Widrigen Bedingungen getrotzt
Kurz nach unserer Ankunft tobte ein Sandsturm, dessen Auswirkungen wir noch einige Tage lang spürten. Der feine rötliche Staub legte sich auf alles und ich war froh, dass das robuste Gehäuse der Kamera sich davon nicht beeindrucken liess. Weder die brütende Hitze noch der feine Sand konnten dem Gerät etwas anhaben, es kommt mit solchen Bedingungen gut klar und eignet sich deshalb auch hervorragend für solche Abenteuer.

Unterwegs in den Strassen Bagdads begegnet man alle zwei- bis dreihundert Meter Polizisten und Militärs, welche Kontrollen durchführen. Das mag auf den ersten Blick einschüchtern, sorgt aber für zusätzliche Sicherheit in der Stadt und führt auch zu unterhaltsamen Begegnungen. Von Gefahr keine Spur. In lebendigen Strassenszenen begegneten wir herzlichen und neugierigen Menschen und diese munteren Situationen liessen sich dank des ausgezeichneten Autofokus der Ricoh GRIII auch scharf festhalten.

Schnell abzudrücken, um eine lebhafte Szene akkurat einzufangen, stellte für die Kamera gar kein Problem dar. Im Gegenteil: Die Aufgabe meisterte sie mit Leichtigkeit – und zeigte damit auch, dass sie perfekt für die Street Photography geeignet ist. Das umso mehr, weil die unscheinbare GRIII – im Gegenteil zu uns Touristen – auch nicht auffiel und ohne Blick durch den sowieso nicht vorhandenen Sucher bedient werden konnte.

Der Sandsturm zaubert ein düster-faszinierendes Bild der Stadt am Tigris

Lebendig und selbstbewusst
Wir begegneten einer jungen, dynamischen Bevölkerung, die nach vorne schaut und an einer besseren Zukunft mit relativem Wohlstand, aber auch grösstmöglicher Sicherheit, arbeitet. Dieses Aufblühen ist in vielen Quartieren sichtbar: Es werden moderne Einrichtungen wie Shopping Center gebaut, es gibt Freizeitparks mit Achterbahnen und nach jahrelanger Besatzung und Terror amüsiert sich die Bevölkerung im breiten Angebot an Unterhaltung.

Einige Spuren der jüngsten Geschichte werden schon fast zu Kunstprojekten: So kann in Hilla, über dem alten Babylon thronend, der Palast des ehemaligen Diktators Saddam Hussein besucht werden. Das Gebäude wurde von der lokalen Bevölkerung geplündert und versprayt. Aus den Plänen, aus dem ehemaligen Prachtbau ein Museum zu machen, ist bis jetzt mangels Finanzen nichts geworden. Und so bietet der mit Graffitis verzierte Palast eine Sehenswürdigkeit, die auch von der Lokalbevölkerung gerne besucht wird.

Ein Eldorado für den Geruchssinn: Marktstand in Bagdad

Ohne Kopftuch, dafür mit Alkohol
Die Offenheit und Herzlichkeit der Bevölkerung war beeindruckend. Sehr viele Leute kamen auf uns zu und wollten wissen, woher wir kommen und was wir im Irak machen. Einige glaubten wir seine Archäologen, andere Amerikaner. Dass wir jedoch als Touristen unterwegs waren, überraschte und erfreute viele zugleich. Trotzt der Offenheit waren weder Händler, Taxifahrer noch sonst jemand aufdringlich und oftmals wurde sogar das angebotene Trinkgeld abgelehnt. In anderen arabischen Ländern mit wesentlich mehr Tourismus sieht das komplett anders aus.

Erwartet hatten wir mehrheitlich verschleierte Frauen und konservative, gegenüber Fremden skeptische Einheimische. Angetroffen haben wir zahlreiche, meist jüngere Frauen, die kein Kopftuch tragen und eine neugierige, freundliche Bevölkerung. Nachdem wir zudem mit Verwunderung diverse Alkoholläden in den Strassen sahen, erklärte uns unser Taxifahrer augenzwinkernd, dass das Bier schliesslich in Mesopotamien erfunden worden sei. Entsprechend sollte man darauf Stolz sein und das Getränk geniessen dürfen.

Opulenz allenthalben: Beeindruckende Moschee in der irakischen Hauptstadt

Gastfreundschaft übertrifft noch den kulturellen Reichtum
Bagdad ist kein Reiseziel für Pauschalurlauber, bietet aber historische und kulturelle Sehenswürdigkeiten der Extraklasse. Das Land und die Bevölkerung mussten lange leiden und ein Aufblühen ist vielerorts spür- und sichtbar. Dank einer passenden Ausrüstung liessen sich faszinierende Bilder in den Strassen von Bagdads machen und beim Fotografieren bin ich auf grosses und ehrliches Interesse gestossen, auf Leute, die sich gefreut haben, dass Fremde wieder das Land besuchen und damit beweisen, dass das Land sich gut entwickelt. Der kulturelle Reichtum wurde für mich jedoch von der gastfreundlichen und offenen Bevölkerung noch übertroffen

  • Autor Laurent Gachnang
    Laurent Gachnang ist seit über 15 Jahren in der Medien- und Unterhaltungsindustrie tätig. Er gilt als Experte für digitales Publizieren und Online Marketing. Zuletzt arbeitete er bei einem Medienunternehmen als Marketingverantwortlicher und war massgeblich an der Lancierung eines Change-Prozesses beteiligt. Als Gastdozent ist er an diversen Fachhochschulen sowie ehrenamtlich als Mentor bei der Startup Academy Basel tätig.
  • Rubrik Imaging
  • Dossier: Publisher 3-2022
  • Thema Ricoh, Street Photography

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