Der kreative Akt beginnt mit der Wahl des Papiers

Die Independent Paper Show (IPS 2022), organisiert von Bubu AG, Sonderegger AG und Lorenz Boegli, bot am 1. und 5. Mai in Lausanne mit ihrer vollständigen Übersicht die ideale Plattform dafür.

Bildquelle: Antonin Maudry

Wird es ein Hanfpapier, ein durchgefärbter Karton oder ein Seidenpapier in einer der zahlreichen Nuancen sein, welches als Inspirationsquelle für das nächste Druckprodukt dient? Ist es die aussergewöhnliche Farbe, die besondere Haptik, die anspricht? Sind eher funktionale Eigenschaften wichtig oder nachhaltige Kriterien massgebend?

Wer Anfang Mai im Espace Amaretto in Lausanne in die Independent Paper Show eintauchte, fand eine Vielfalt an Papieren und Anwendungsbeispielen vor, welche diese ganze Palette an Fragestellungen abdecken konnte.

Kompakt in einer Halle präsentierten alle Schweizer Papierlieferanten und die kreativsten Papierhersteller Europas ihre Neuheiten und Kollektionen, boten Beratungen zu konkreten Projekten an und pflegten den Austausch.

Ein multisensorisches Erlebnis
Papier ist an der IPS immer mit unterschiedlichen Sinnen erfahrbar. Die Einstimmung darauf machte bereits die aufwendig gefertigte Event-Einladung, die Vorfreude auf die zu entdeckende Papierwelt weckte. Moderne Grafik von Balmer Hählen, verbunden mit einer eigenständigen Materialwahl, haben die drei organisierenden Fachfirmen in der Umsetzung herausgefordert und zu einem originellen Endprodukt geführt: Diesmal hat Matthieu Girel mit seiner filigranen Papierszenographie in blau den Ausstellungsraum thematisch gestaltet und dadurch der ehemaligen SBB-Werkhalle ein neues Gesicht gegeben. Das Thema Papier wurde auch kulinarisch aufgenommen: Serviert wurden während der IPS unter anderem Köstlichkeiten auf Oblaten und knusprigen Blättern.

Nachhaltiges en masse
An der IPS war speziell die Thematik der Nachhaltigkeit durchweg greifbar. Wenig überraschend liessen sich denn auch bei allen der 21 Aussteller entsprechende Projekte oder Produkte finden. Beispiele gefällig? Zu bestaunen gab es etwa Drucke mit natürlichen Pigmenten oder Papiere, bei denen ein Anteil Frischzellstoff durch Prozessrückstände und Nebenprodukte integriert wurde – beispielsweise aus der Lederverarbeitung oder der Lebensmittelindustrie. Ebenfalls gehörten Exponate, die schnell wachsende, ressourcenschonende Pflanzen wie Gras, Zuckerrohr und Hanf als Alternativen zum Zellstoff einsetzen, zu den nachhaltigen Ausstellungsstücken. Die Buchbinderei Bubu präsentierte neben den gewohnt kreativen buchbinderischen Werken die ökologisch sehr interessante Flatbind-Bindeart: Bei diesem Vorgang werden über 50 % an Strom eingespart, zudem entstehen bei der Verarbeitung keine giftigen Dämpfe.

Facettenreich und echt: An der IPS konnten zahlreiche Papier-Exponate (hier in Buchform) bestaunt und erfühlt werden. Bildquelle: Antonin Maudry

Power von Papier
All die zukunftsträchtigen und ressourcenschonenden Produkte zeigten auch eindrücklich auf, dass sich in der analogen Kommunikation hinsichtlich Ökologie und Nachhaltigkeit sehr viel getan hat: Wo die Industrie früher (zu Recht) stark kritisiert wurde, können sich Papier & Co inzwischen dank Energie-Innovationen und Prozessveränderungen – auch im Vergleich zu digitalen Welten – sehen lassen. Das umso mehr, da der hohe Stromverbrauch digitaler Kommunikation in der Gegenüberstellung meist vergessen wird.

Punkto Wirkung beim Zielpublikum haben sich analoge Kommunikationstools ebenso gegen ihre digitale Konkurrenz zu behaupten. Hier – davon konnten sich IPS-Besuchende beim Blick auf die zahlreichen, faszinierenden Exponate einmal mehr selbst überzeugen – sind Papier & Co. mit ihrer hohen Sinnlichkeit und Emotionalität klar im Vorteil. Zum Beispiel bei Verpackungen, welche kohärent die Werte von innen nach aussen tragen und dabei nonverbal – einzig durch Materialwahl, Verarbeitung und Veredelung – hochwertige Qualität kommunizieren.

Endlich wieder: Von Angesicht zu Angesicht
Die IPS 2022 hat als erste grössere Veranstaltung im Papierbereich seit den Pandemiejahren rund 450 Personen aus der ganzen Schweiz und dem grenznahen Ausland nach Lausanne gelockt. Bei der insgesamt vierten Ausgabe des Events fiel speziell auf, wie viele internationale Gäste in die Schweiz gepilgert waren und so die IPS wiederum an Ausstrahlung und Relevanz gewinnen liessen. Die an beiden IPS-Tagen durchgängig gelöste Stimmung war wohl unter anderem der Tatsache zu verdanken, dass sich die Besuchenden aus der Grafik-, Marketing- oder Druckindustrie endlich wieder real begegnen konnten und ungezwungen Kontakte pflegen durften. 

Die nächste IPS findet am 26. und 27. April 2023 in Zürich statt
An der diesjährigen IPS stellten folgende Firmen aus: Antalis AG, Arctic Paper Schweiz AG, Arjowiggins Creative Papers Ltd, Atelier für Siebdruck Lorenz Boegli, Bubu AG, Büttenpapierfabrik Gmund, Chromos AG, Favini S.r.l., Fedrigoni SA, Fischer Papier AG, Foilco Limited, GF Smith, Gruppo Cordenons Spa, Künzli Papier AG, Mondi Paper Sales GmbH, Sonderegger AG, Papeteries de Montségur, Papyrus Schweiz AG, Peyer Cover AG, Pro Gravur AG und Winter & Company AG
www.papershow.ch

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