Nur Folie ist zu kurz gedacht
Die Leonhard KURZ Stiftung & Co. KG ist ein weltweit führender Heisspräge- und Beschichtungstechnologe mit einer Schweizer Niederlassung in Wallisellen. Das Angebots- und Servicespektrum von KURZ geht allerdings weit über Prägetechnik und Folien-Transfer hinaus.
Schweisstreibend, kräftezehrend und nicht minder gefährlich war es damals, das Gewerbe, aus dem die Leonhard KURZ rund 1892 entstanden ist: Als Blattgoldschlägerei – das Handwerk ist noch heute durch den muskulösen Arm unter dem Vorschlaghammer im Kurz-Logo verewigt – wummerte man im 19. Jahrhundert auf Goldplatten, um typischerweise Kirchenräume, Statuen oder Denkmäler zu vergolden und den Sehenswürdigkeiten so eine möglichst edle, faszinierende oder erhabene Note zu verleihen.
Damals wie heute
Auch wenn seit der Firmengründung inzwischen über 100 Jahre vergangen sind und sich bei Kurz seitdem praktisch alles verändert hat: Das «Vergolden» als zentrale Tätigkeit ist – beileibe nicht nur im übertragenen Sinne – geblieben. Noch heute ist das Bestreben des Folienspezialisten, mit seinen Erzeugnissen und Dienstleistungen Blicke zu bannen und Augen zum Glänzen zu bringen.
Die Umstände für einen Geschäftsgang sind heute freilich andere: Weltweit beschäftigt das Unternehmen mittlerweile über 5500 Mitarbeiter und betreibt unter dem Dach der Kurz-Gruppe rund um den Globus Firmen, die verschiedenste Fokuspunkte setzen. In der Schweiz selbst zählt das Vierergespann aus der Zuger OVD Kinegram (Sicherheitslösungen und Regierungsdokumente), der Würenloser Hinderer+Mühlich (Prägewerkzeuge), Steinemann DPE aus St. Gallen (digitale Veredelung) und nicht zuletzt die Schweizer Kurz-Niederlassung in Wallisellen zum traditionsreichen Familienunternehmen mit deutschen Wurzeln.
Von Flüssen und Faszination
Am Kurz-Standort in der Glattstadt ist ein 17-köpfiges Team zugange, das von Renato Di Profio orchestriert wird. Die Equipe rund um den Geschäftsführer fokussiert sich in Wallisellen primär auf Sales-Themen, kümmert sich vor Ort allerdings auch darum, grosse Folien-Rollen zu kleinen zu konfektionieren.
Trotz der überschaubaren Grösse der Walliseller Niederlassung hat Kurz auch in der Alpenrepublik in verschiedensten Sparten «seine Finger im Spiel»: Die Kurz-Prägefolien werden neben dem graphischen Geschäftszweig, für welchen Di Profios Herz «noch immer am höchsten schlägt», im Sicherheitsbereich, in der Kunststoff-Sparte, für den Thermotransfer oder im Textilbereich angewendet. Und: Mittlerweile appliziert man die Dünnschichttechnologien aus dem Hause Kurz gar auf Betonblöcke, um deren Lebensdauer zu erhöhen.
Es ist gerade diese Interdisziplinarität, die Renato Di Profio jeden Tag aufs Neue fasziniert – und das, obwohl er anfänglich eigentlich nicht vorhatte, «sehr lange bei Kurz zu bleiben». «Das Schöne am Unternehmen ist, dass die Arbeit so extrem diversifiziert ist. Du kommst mit praktisch allen Industrien in Kontakt, und jede ist ein Kosmos für sich – so lernst du auch jeden Tag dazu», erzählt der Geschäftsführer der Schweizer Niederlassung, der inzwischen 32 Jahre beim weltweit führenden Heisspräge- und Beschichtungstechnologen zugebracht hat.
Einfach pfiffiger
Dass der Kurz-Konzern in Sachen Prägefolien und Co. die Pole-Position innehält, ist indes kein Zufall und gemäss Di Profio gleich auf eine Vielzahl von Stärken zurückzuführen: «Die Innovationskraft ist garantiert etwas, was uns auszeichnet», hebt Di Profio einen Faktor hervor und zielt damit gleich auf mehrere raffinierte Tools sowie Projekte des Folienspezialisten ab. Dazu gehört etwa der «DreamComposer» des Kurz-Tochterunternehmens Kurz Digital: Die Software erlaubt es Markeninhabern, digital unterschiedlichste Folien auf verschiedene Verpackungen zu applizieren, zu konfigurieren, im 3D-Format zu visualisieren und bei Bedarf gar zu teilen, um in Echtzeit bilateral Änderungen vorzunehmen.
Ist die Zigaretten-Verpackung, Lippenstift-Hülse o.ä. dann nach den eigenen Vorstellungen digital veredelt, besteht für Kurz-Kunden ausserdem die Möglichkeit, ein Mock-up des ins Auge gefassten Machwerkes zu erhalten – dies innerhalb eines Tages. Dazu wird der Abnehmer am Morgen in das deutsche Mock-up-Center eingeladen.
Während im Hintergrund die Designer am Erstmodell werkeln und proben, erlebt der Kunde im Verlauf des Tages eine Betriebsbesichtigung mit anschliessendem Mittagessen und hält nach Speis und Trank bereits das erste Mock-up in den Händen. Und: Das ganze Erlebnis inkl. Erstmodell schlägt mit einem vergleichsmässig niedrigen Preis zu Buche.
Echte Werte
«Unsere Grundphilosophie ist: Bei uns bekommt man echte ‘Added Values’. Wir wollen beim Kunden den ‘Wow-Effekt’ erzeugen!», gibt Di Profio mit Blick auf all die ausgereiften Dienstleistungen und das umfangreiche Portfolio zu Protokoll.
Das «Mit- und Weiterdenken» geht bei Kurz gar über die Bereitstellung des Composers und die Erstellung des Mock-ups hinaus: Dem vorgelagerten Prozess der Foliengestaltung und -farbgebung nimmt sich die hauseigene Designabteilung an. Die Gestalter in Diensten des Familienunternehmens Kurz besuchen Modeschauen, Messen oder suchen in der kontemporären Architektur sowie der Natur nach möglichen Entwicklungstendenzen und versuchen auf diese Weise, die Design-Trends von Morgen vorwegzunehmen respektive in die eigenen Produkte einzubetten. «Gar Trendfarben werden jährlich von unserer Gestaltungsabteilung veröffentlicht», fügt Di Profio stolz hinzu. Der Mehrwert für den Kurz-Kunden ist offenkundig: Er erhält nicht bloss ein hochwertig veredeltes Produkt, sondern auch eines, dessen Aufmachung «en vogue» ist.
Kundenfokus, holistisch geprägt
Mit dem Innovationsgedanken geht die zweite massive Trumpfkarte von Kurz, nämlich die sogenannte «360°-Betrachtung», einher: Damit meint Di Profio, dass man «nicht bloss Folien herstellt, liefert und fertig», sondern «das gesamte Wohlfühlpaket bietet.» Belege dafür, dass der Dünnschichttechnologe aus Fürth mit seinen Services weit über die blosse Bereitstellung von Artikeln hinausgeht, finden sich neben den bereits erwähnten Projekten speziell in Sachen Nachhaltigkeit. «Es ist wichtig, dass wir die Folie ganzheitlich – und nicht nur als Trägermaterial – betrachten», ergänzt der Geschäftsführer der Schweizer Kurz-Niederlassung.
Bereits in den 1980er-Jahren wurden etwa in den Werken des Konzerns Lösungsmittel wiederverwendet, um Maschinen zu betreiben oder die Räumlichkeiten zu heizen. Inzwischen nutzt der Konzern für die Herstellung ausserdem nur noch erneuerbare Energie, die entweder zugekauft oder – wie es beispielsweise im deutschen Werk zu Sulzbach-Rosenberg mit einem riesigen Solarpanel-Feld der Fall ist – selbst gewonnen wird. Die Bewirtschaftung des Materiallagers wird überdies gar von einer künstlichen Intelligenz (KI) gesteuert. Diese stellt sicher, dass kein Überbestand vorhanden ist, die Lieferfristen aber dennoch kurz sind.
Fortschritt durch Technik
Auch der Applikationsvorgang an sich – wegen der angeblich aufgetragenen Folie mitunter noch immer als umweltschädlich verschrien – kann inzwischen als Vorbild in Bezug auf Nachhaltigkeit gelten. Dies unter anderem, weil der Auftrageprozess selbst standardmässig relativ wenig Energie beansprucht und auch keine freien Lösungsmittel notwendig macht.
Zudem ist man im Hause Kurz dank der Forschung technologisch inzwischen so weit fortgeschritten, dass der durch die Applikation verursachte Umwelt-Impact nur noch marginal ist. «Es ist ungemein wichtig zu wissen: Beim Prägevorgang bleibt die Folie nicht auf dem zu veredelnden Produkt – die Folie hat lediglich die Funktion, ein Lackpaket zu transferieren», räumt Di Profio mit sich noch immer hartnäckig haltenden Irrglauben auf. Mehr noch: Dank kontinuierlicher Weiterentwicklung ist es Kurz als erste Firma überhaupt gelungen, die Trägerfolien nach ihrem Einsatz zurückzunehmen, zu Granulat zu verarbeiten und dann wieder einzusetzen – ein Beispiel für gelebte Kreislaufwirtschaft.
Nachhaltigkeit, aber (auf)richtig
Mit Blick auf Bemühungen im Sinne der Umwelt gäbe es noch so einiges zu erwähnen: So forscht Kurz stetig an Folien-Alternativen, hat die PET-Trägerstärke von Heisspräge- (von 12 auf 10 Mikrometer) und Kalttransferfolien (von 12 auf 6 Mikrometer) erfolgreich reduziert und kann mittels verschiedenster Zertifikate nachweisen, dass die aufgetragene Lackschicht so dünn ist, dass das Rezyklieren oder das Deinken der veredelten Verpackung ohne Weiteres möglich ist. Es sind Anstrengungen wie diese, die bezeugen, dass Kurz die Wahrung des natürlichen Gleichgewichts, den Schutz des Planeten ernst nimmt und, so Di Profio, «Greenwashing konsequent ablehnt». «Wenn wir etwas machen», so der Geschäftsführer des Walliseller Standortes, «dann machen wir es richtig – und vor allem ehrlich!»
Schindluder mit der Umwelt zu treiben, verbietet sich für einen Konzern wie Kurz aber sowieso: Für das Familienunternehmen, das schon in der 4. Generation in den Händen der Familie Kurz ist – und nebenbei die Position des Marktführers in der Sparte «Beschichtungstechnologie» innehält – erscheint es selbstverständlich, verantwortungsvoll zu handeln, um auch der nachfolgenden Generation ein gesundes und zukunftsfähiges Unternehmen zu übergeben.
Von Ernsthaftigkeit und Engagement
Beschönigt wird in Wallisellen, Fürth und Co. aber trotzdem nichts: Obschon die Leonhard Kurz weiter konsequent das Ziel verfolgt, einen möglichst kleinen Umwelt-Impact zu verursachen, ist man sich im Klaren darüber, «dass die Thematik der Naturbelastung ebenso uns betrifft» und auch zukünftig neue Lösungen notwendig machen werden.
Di Profio zeigt sich kämpferisch: «Es geht immer weiter – und wir geben nicht auf.» Dass beim Folienspezialisten demnächst die weisse Fahne gehisst wird, ist in der Tat nicht zu erwarten: Die ganze Innovationskraft und der ganzheitliche Service-Gedanke des Konzerns lassen eher vermuten, dass die Kurz Gruppe die Produkte ihrer Kunden weiterhin mit inspirierenden, faszinierenden Oberflächen-Veredelungen verzaubert – und dabei der Umwelt Rechnung trägt. Und Renato Di Profio? Der Geschäftsführer von Kurz Schweiz kann mindestens 32 weitere Jahre seiner Passion frönen …
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Autor
Patrick Schenk
- Rubrik Print
- Dossier: Publisher 4-2022
- Thema Leonhard Kurz
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