Die Hechler im Herzen

Seit über zwei Jahren realisiert Madlyn Drogoin Fotografieprojekte mit Hunden verschiedenster Couleur. Ein Beruf, der immer schon ihre Berufung war und weit mehr als nur das Ablichten von «kaltschnäuzigen» Zeitgenossen beinhaltet.

Man sagt, der Hund sei der beste Freund des Menschen. Eine fast schändliche Untertreibung, wenn man wohl die meisten Halter eines felligen Kompagnons fragen würde. Der Wauwau, der ist viel mehr: ein freudiges, schwanzwedelndes Wiedersehen, Kuschelpartner, Spielkumpane, Gesichtserfrischer (der weniger hygienischen Art), morgendliche Motivationsspritze, Trostspender mit kalter Schnauze – und vor allem ein treuherziger, hingebungsvoller, intelligenter Begleiter von jedem, der sich auf die süssen Vierbeiner einlässt.

Diese innige Beziehung und tiefgehende Liebe zwischen Mensch und Tier ist es auch, welche die Hundefotografin Madlyn Drogoin jeden Tag aufs Neue begeistert: «Es erfüllt mich mit unglaublichen Glücksgefühlen, das Band zwischen Mensch und Hund einzufangen!»

Anfänge

Das gilt bei der Lynnpix Dog Photography-Gründerin auch privat: «Eigentlich schon immer» hegte Drogoin den Wunsch, so viele Momente wie nur irgendwie möglich mit ihren Vierbeinern festzuhalten. Bis aus der Passion ein wahrhaftiger Beruf – aber beileibe nichts, was die gebürtige Brandenburgerin als «Arbeit» bezeichnen würde – entstand, sollte jedoch noch einige Zeit vergehen.

Drogoin zog nach abgeschlossenem Fachabitur in Wirtschaftswissenschaften und Englisch in die Schweiz und leitete in der Alpenrepublik verschiedene Gastrobetriebe. Nebenbei engagierte sich die heute ausgebildete Hundetrainerin und angehende Züchterin von Cardigan Welsh Corgis als Visagistin und Modelcoach. Bei ihrem Nebenerwerb ergaben sich dann auch die ersten Verbindungen zur Fotografie.

Im Fotografiekosmos
Eine weitere – die wohl entscheidende – Liaison zur Welt der Knipserei bildete sich dann, als Drogoin ihre erste Kamera, eine Canon EOS M, geschenkt bekam und fortan auf ihren täglichen Gassirunden begleitete.

Die Verbindung zur Welt der Bilder blieb: Trotz anfänglichem Geknorze mit dem manuellen Fotografiemodus begann Drogoin, die Fotos der Spaziergänge mit ihren Fellnasen nach und nach in den sozialen Medien zu posten – und erhielt dafür «viel positives Feedback». Als es für die Deutsche dann Ende 2019 nach Kalifornien ging, um ihre Zuchthündin Cheya zu holen, war eine Kamera – dieses Mal eine gebrauchte Canon 650D – wie selbstverständlich mit von der Partie. Und dann kam die Corona-Pandemie.

Kein Schritt zurück, drei Tapser vorwärts
«Als Visagistin stand ich urplötzlich ohne Aufträge da – und ging dann aufs Ganze», berichtet Drogoin, die daraufhin ihr Erspartes und ihren Mut zusammennahm, eine neue Kamera samt Objektive kaufte und sich als Hundefotografin selbständig machte. Mittlerweile zählt «Lynn», die sich selbst als «Hundemensch durch und durch» beschreibt, etwa Unternehmen wie Leinenhersteller, Hundeschulen oder Märkte für Heimtierbedarf zu ihren Auftraggebern.

Der Grossteil der Kundschaft entfällt aber auf Privatpersonen. Da fokussiert sich Drogoin – passend zu ihrer Faszination für die Bindung Mensch-Hund – darauf, den Besitzern der knuddel- und liebenswerten Tiere «unvergessliche Momente ihres Hundes» zu bescheren.

Verlässliches an der Seite
Damit die Bilder der immer unterschiedlich ausfallenden Shootings den gewünschten Effekt erzielen können, zählt Madlyn Drogoin neben einer Portion Geduld und guter Belichtung auch verlässliches Equipment zu den wichtigsten Zutaten. Seit Anfang ihrer Selbständigkeit schenkt die Hundefotografin einer Sony A7R II das Vertrauen – und wurde nicht enttäuscht: «Die Kamera hat mich noch nie im Stich gelassen», weiss sie über den Kauf zu berichten.

Auch ob des für Technologiegeräte stattlichen Alters – die A7R III wurde immerhin bereits 2017 lanciert – lässt sich Drogoin nicht beirren: «Ich schätze bis heute die exzellente Bildqualität, den schnellen Autofokus, die hohe Bildrate im Serienmodus und die vielen Individualisierungsmöglichkeiten.» Das robuste, staub- und feuchtigkeitsgeschützte Gehäuse der Sony beachtet «Lynn» derweil als «unerlässlich», um ihr Shooting-Ziel zu erreichen: Die kessen Vierbeiner in eine erinnerungswürdige Aufnahme zu bannen.

Bildquelle für alle Fotos: © Lynnpix Dog Photography

(Blitz-)Licht und Schatten
Es überrascht nicht, dass das Schaffen Drogoins, die nebenbei persönliches Fotocoaching anbietet, mit einer grossen emotionalen Komponente behaftet ist. In vielen Fällen – man denke an herumtollende Welpen, zerstreute Vierbeiner oder fröhlich schwanzwedelnde Artgenossen – sorgt diese für Schmunzeln, Bewunderung oder Gelächter. Mitunter kann beim Fotografier- und dem nachgelagerten Bearbeitungsprozess aber auch eine schwermütige Note mitschwingen: «Irgendwann sind unsere treuen Begleiter weg – und dann sind Bilder das einzige Erinnerungsstück, das bleibt», weiss Drogoin.

Obschon sie bei jedem Projekt mit vollem Elan dabei ist, gibt es so Fotovorhaben, die bei der «Perfektionistin» einen besonderen Platz im Herzen haben. «Hin und wieder stehen bei mir Hunde vor der Kamera, bei denen ich weiss, dass es das erste und gleichzeitig wohl das letzte Mal ist: Es sind die alten oder schwer kranken Vierbeiner. Diese Aufträge sind eine Achterbahn der Gefühle – wunderschön, herzergreifend und unvergesslich.»

Tatsächlich sind die Projekte mit betagten oder gebrechlicher Hunden für die Lynnpix-Gründerin so emotional, dass «oft bereits beim Fotografieren, spätestens aber beim Sortieren der Bilder» die Tränen kullern. Eine bittersüsse Erfahrung, die nur getoppt wird, wenn sich der Besitzer nach dem Tod des Hundes telefonisch – und auch unter Tränen – bei Drogoin für die Aufnahmen bedankt: «Das ist für mich das höchste der möglichen Gefühle!»

Kein Job wie jeder andere
Nicht nur die unregelmässige Konfrontation mit der Vergänglichkeit zeigt, dass sich die Tierfotografie massiv von anderen Aufnahmearten unterscheidet. «Während ich einem Model klare Anweisungen geben kann, braucht es in der Hundefotografie viel Geduld, Empathie und Fingerspitzengefühl – und dann ist die richtige Location oder das ideale Timing noch nicht gefunden», bemerkt Drogoin etwa.

Die Lynnpix-Gründerin zieht beim Shooting starke Parallelen zum Hundetraining und nimmt die Besitzer, aber auch sich selbst in die Pflicht: «Es ist die Aufgabe vom Halter und mir, dem Hund mittels ihm angepassten Herangehensweisen zu zeigen, was wir uns von ihm wünschen.» Es sind auch gerade diese immer abwechslungsreichen Methoden und stets unterschiedlichen Wege zum Ziel, welche Drogoin als «extrem spannend» wahrnimmt. Eine Grundregel – vor allem, da es für viele Menschen und Tiere das erste Mal vor der Kamera ist – bleibt ungeachtet der Situation aber bei jedem Projekt: «Ich plane genügend Zeit ein, um eine entspannte und vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen und achte stets auf kleine Verschnaufpausen.»

Unbekümmert ans Ziel
Dasselbe empfiehlt die ausgebildete Hundetrainerin auch, wenn der fellige Gefährte in den eigenen vier Wänden oder auf der täglichen Gassirunde abgelichtet werden soll. «Meine Erfahrung zeigt: Die einmaligen, emotionalen Momente kommen genau dann, wenn ich ungezwungen und natürlich agiere und dem Shooting einfach freien Lauf lasse.»

Schönere Perspektiven erhält man gemäss Drogoin übrigens, wenn man mit dem Hund auf Augenhöhe geht, und einen ruhigen Hintergrund sowie gute Belichtung sicherstellen kann. Sollte die Fellnase dann vor der Kamera eine wenig liebliche Schnute ziehen, helfen ungewohnte Laute: «Affengeräusche haben sich bei mir bestens bewährt», schmunzelt Drogoin. Bei dem ganzen Prozess soll das Wohlgefühl des Tieres natürlich die höchste Priorität geniessen. «Fotografieren ist auch für den Hund anstrengend. Deshalb sollte man sich langsam herantasten und aufhören, solange das Tier Spass hat.»

Gekonnt – und nach Gefühl
Sind die Rohaufnahmen der kuscheligen Zeitgenossen bei Lynnpix im Kasten, geht es für Drogoin an die Postproduktion. Die kreative Aufgabe am heimischen MacBook bereitet ihr – wie eigentlich jede Facette ihrer Tätigkeit – ungemein viel Freude: «Ich liebe und lebe jeden Teil meiner Arbeit! Es ist meine Passion und ich gehe in jedem einzelnen Bereich völlig auf!», frohlockt Drogoin.

Bearbeitet werden die RAW-Dateien ausschliesslich mit Photoshop, wo Drogoin einer (meist) vorab festgelegten Editierungsrichtung folgt und den Rest «die Intuition und Erfahrung machen lässt». Die behandelten Fotos ruhen dann über Nacht und werden am kommenden Morgen bei einer Tasse Kaffee nochmals begutachtet. «Wenn ich dann immer noch zufrieden bin, gehen die Fotos zum Kunden», so Drogoin.

Andenken der besonderen Art
Bei diesem letzten Prozessschritt, der Zustellung der Aufnahmen, verschreibt sich Drogoin ebenso hohen Ansprüchen wie bei all’ den vorgelagerten Abläufen und sieht darin gleichzeitig die grösste Herausforderung ihrer Tätigkeit: «Mir macht es immer ein wenig Bauchschmerzen, wenn die Kunden zu lange auf ihre Bilder warten müssen – ich bekomme schnell ein schlechtes Gewissen, wenn sich die Auslieferung der Fotos um einige Tage verzögert.» Getadelt wurde sie wegen einer späteren Lieferung freilich noch nie.

Beim Auftraggeber angekommen, dürften die feingeschliffenen Machwerke aus dem Hause Lynnpix Dog Photography ohnehin einen (fast) ausschliesslich positiven Effekt haben – und für so manche Schmunzler, liebestolles Lächeln oder wunderschöne Erinnerungen an den treuen Begleiter mit kalter Schnauze sorgen.

Was kommt – und bleibt
Und die Zukunft? Madlyn Drogoin ist jüngst umgezogen und hat im neuen Heim, nebst ihrer Tages- und Ferienbetreuung für Hunde, ein kleines Fotostudio installiert. Das gibt der Deutschen, die bereits mit 19 Jahren in die Schweiz übergesiedelt ist, die Möglichkeit, neue Formate auszuprobieren: «Seit Beginn meiner Selbständigkeit habe ich mich auf Outdoor-Shootings in einem natürlichen Umfeld konzentriert.»

In den frischen vier Wänden hat Drogoin neu die Option, auch Indoor-Projekte mit Fellnasen aller Couleur zu realisieren. Ein Vorhaben, das «Lynn» vor neue Herausforderungen stellt und begeistert: «Ich bin gespannt, wohin mich meine Kreativität führt!»

Es wandelt sich also einiges bei der Lynnpix Dog Photography-Gründerin. Das Zentrale bleibt aber zweifelsohne bestehen: Gemeinsam mit dem Halter und den Vierbeinern, die uns so viel zurückgeben, Erlebnisse zu schaffen, die Jahre überdauern, über emotionale und psychische Talfahrten hinweghelfen und – wie es Drogoin auf ihrer Website schreibt – zu «Momenten für die Ewigkeit» werden.

Madlyn Drogoin
Madlyn Drogoin hat sich 2020 mit «Lynnpix Dog Photography» selbstständig gemacht und ist seither als professionelle Hundefotografin tätig. Zusätzlich gibt die gebürtige Brandenburgerin ihr Wissen in Bildbearbeitungs- und Fotografiecoachings weiter. lynnpix.ch

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