Der richtige Text zum Film

Untertitel für Videos lassen sich theoretisch in einem einfachen Text-Editor erzeugen, aber das wäre äusserst mühsam. Besser ist es, mit einer darauf spezialisierten Software zu arbeiten.

Eine SRT-Untertiteldatei mit HTML-Tags für eine britische Fernsehserie im Textbearbeitungsfenster von Subtitle Edit.

Untertitel ermöglichen es uns nicht nur, Filme und Fernsehserien im Originalton statt der oft fehlerhaft übersetzten und lustlos gesprochenen Synchronspur anzuschauen, sondern sie erlauben Sprechern, zum Beispiel in Info- und Image-Videos, ihre Muttersprache zu verwenden, anstatt sich womöglich mit schlechtem Englisch zu blamieren.

In der Schweiz oder dem deutschen Bundesland Schleswig-Holstein mit jeweils vier Amtssprachen erspart sich man auf diese Weise auch den Aufwand, mehrsprachige Varianten zu filmen, wobei in der Eidgenossenschaft noch das Nebeneinander von Schweizerdeutsch (mündlich) und Hochdeutsch (schriftlich) hinzukommt.

Ein Programm zum Erstellen von Untertiteln muss erstaunlich viele Aufgaben erfüllen. Ähnlich wie bei einem Schnittprogramm benötigt man eine Wiedergabemöglichkeit für ein Video samt Audio, eine Wellenformanzeige der Audiospur sowie eine Vorschaumöglichkeit für die Positionierung und das Aussehen der Untertitel. Weiterhin ist eine spezielle Textbearbeitungsfunktion notwendig, die nicht nur die vorgegebene Zeilenlänge bzw. Zeichenanzahl, sondern auch die Zeitmarken überwacht und gegebenenfalls vor Problemen warnt.

Darüber hinaus gibt es Hunderte an Untertitelformaten, die sich teilweise grundlegend unterscheiden. Das am weitesten verbreitete ist SubRip (Dateiendung: SRT), in dem fast alle Untertiteldateien im Internet verbreitet werden. Es handelt sich dabei um reine Textdateien, die neben Zeitmarken, Zeilenumbrüchen und dem Text selbst sowie einigen wenigen HTML-Tags (kursiv, Schriftfarbe) keine weiteren Informationen enthalten. Die Interpretation dieser Daten bleibt dem Abspielprogramm oder dem Streaming-Anbieter überlassen. Andere Formate erlauben hingegen das Speichern von weiteren Formatierungsinformationen oder sogar die Ausgabe als Pixeldatei.

Windows im Vorteil
Die drei zu besprechenden Programme, obwohl alle Open Source, deuten auf einen Vorteil der Windows-Plattform hin. Die leistungsfähigste Software im Feld, Subtitle Edit, ist in C# geschrieben und verlangt eine .NET-Laufzeitumgebung. Obwohl es diese auch für macOS gibt, bleibt es Apple-Kunden einstweilen selbst überlassen, das Programm zu kompilieren. Laut Angaben des Entwicklers ist für die nähere Zukunft bestenfalls mit einer Kommandozeilenvariante für die Apple-Plattform zu rechnen.

Unter Linux sieht es etwas besser aus, wenn der .NET-Klon Mono sowie einige weitere Abhängigkeiten installiert sind. Aber selbst dann ist nach Angaben des Herstellers mit kleineren Problemen zu rechnen.

Der zweite Kandidat, Subtitld, setzt Python in Version 3 voraus, weshalb Mac-Anwender von vornherein benachteiligt sind. Für Windows gibt es ein normales Installationspaket, während das Projekt von Haus aus nur Ubuntu unterstützt. Wer andere aktuelle Linux-Plattformen verwendet, kann die Software aber mit ein paar einfachen Befehlen über die Kommandozeile installieren.

Beim jüngsten Wettbewerber im Feld, Subtitle Composer, sieht es wieder anders aus: Neben einem Installer für Windows gibt es Standalone-Versionen für Linux in den Flatpak- und AppImage-Formaten. Darüber hinaus lässt sich die Software über die Repositorien aller gängigen Linux-Distributionen installieren.

Die funktionale Benutzeroberfläche von Subtitle Edit. Der Screenshot zeigt einen Fall, in dem das Programm automatisch leere Textsegmente auf der Grundlage der Audiospur eines Videos erzeugt hat.

Die Spreu vom Weizen
Ginge es alleine um die Optik der Benutzeroberfläche, wäre Subtitld der klare Sieger, denn die Software präsentiert sich in einem ausgesprochen modernen und eleganten Gewand. Das war es aber auch schon. Sofern vorhanden, sind Textbuttons nur englisch beschriftet, und es gibt keine Möglichkeit, eine andere Sprache auszuwählen. Die meisten Funktionen sind über Symbole zugänglich, aber da keine Tooltips integriert sind, ist man auf Experimente angewiesen. Die Dokumentation beschränkt sich auf ein paar YouTube-Videos, die mehrheitlich nur wenige Sekunden lang sind.

Wie man es gleichzeitig besser und schlechter machen kann, zeigt Subtitle Composer. Letzterer ist immerhin teilweise übersetzt und erleichtert die Bedienung über Tooltips. Ansonsten ist man aber auf sich allein gestellt, denn der Aufruf der Online-Hilfe führt ins Leere, und Video-Tutorials gibt es bisher nicht.

Als ernstzunehmender Kandidat für professionelles Arbeiten verbleibt daher bis auf Weiteres nur Subtitle Edit.

Installation und Einstieg

Auf der GitHub-Seite des Projekts findet man verschiedene Versionen des Programms, von denen nur zwei von Interesse sind. Die erste ist ein konventioneller Windows-Installer, der aber das Vorhandensein einer bestimmten .NET-Variante voraussetzt, die erst bei Microsoft heruntergeladen werden muss. Am einfachsten ist es daher, die «Portable»-Variante herunterzuladen, da sie alles Erforderliche mitbringt. Diese wird auch für den Betrieb unter Linux empfohlen.

Beim ersten Start lässt sich zwar Deutsch als Standardsprache auswählen, aber Subtitle Edit zeigt sich davon unbeeindruckt. Daher muss man im Menü unter Options > Choose Language erst auf die gewünschte Sprache für die Benutzeroberfläche umstellen. Erfreulicherweise ist das Programm fast vollständig ins Deutsche übersetzt. Tooltips sind nicht durchweg vorhanden, aber die mitgelieferte Dokumentation ist trotz des knappen FAQ-Stils ausgezeichnet, wenn auch nur auf Englisch verfügbar. Ausserdem findet man auf YouTube brauchbare Anleitungen.

Ästhetik statt Bedienbarkeit: Subtitld hat noch etliche Hürden zu überwinden.

Auf die Einstellung(en) kommt es an
Bevor man an das Anlegen oder Bearbeiten einer Untertiteldatei geht, empfiehlt es sich unbedingt, zunächst den Konfigurationsdialog Optionen > Einstellungen zu öffnen, der ausserordentlich viele Möglichkeiten zur Anpassung des Programmverhaltens bietet. Darüber hinaus ermöglicht ein Ausflug in diesen Dialog einen Überblick über die Mächtigkeit der Software.

Einsteiger sollten ihr Augenmerk vor allem auf die Untermenüs Kurzbefehle, Video Player und Werkzeuge richten. Ersteres bietet nicht nur einen Überblick über die zahlreichen Tastaturkürzel, die das Arbeiten mit Subtitle Edit so effizient machen, sondern ermöglicht auch das Ändern derselben, falls Konflikte mit den Systemeinstellungen auftreten. Unter Video Player stellt man das externe Programm für die Video- und Untertitel-Vorschau ein. Falls VLC (siehe PUBLISHER 1-2021, S. 22-23) bereits installiert ist, findet Subtitle Edit diesen automatisch. Zusätzlich lassen sich hier Online-Wörterbücher und Lexika zum Suchen von Synonymen und ähnlichem auswählen.

Die Werkzeug-Einstellungen betreffen die Textbearbeitungsfunktionen für Untertitel im engeren Sinn, darunter die automatische Anpassung des Textes (Zeilenumbruch) an die Szenenlänge und vieles mehr. Weiterhin kann, wer angemeldet ist, die maschinellen Übersetzungsdienste von Google und Microsoft in Anspruch nehmen.

Formatmonster
Zu den grössten Stärken von Subtitle Edit gehört die schier unglaubliche Menge von rund 300 Dateiformaten, die sowohl geladen und bearbeitet als auch exportiert werden können. Darunter befinden sich nicht nur produktspezifische, sondern auch alte Bekannte wie HTML, RTF oder CSV.

Damit nicht genug, verfügt die Software über eine OCR-Funktion, mit dessen Hilfe sich Pixel-Untertitel in Text übertragen lassen. Umgekehrt geht es aber auch, denn Subtitle Edit kann synchronisierte Pixeldateien exportieren.

Eine zusätzlich eingebaute Spracherkennung, die aus Audiospuren Text erzeugt, wird wohl bis auf weiteres kaum mehr als ein Spielzeug darstellen. Spracherkennung setzt eine gewisse Klarheit der Aussprache voraus, und der Mangel derselben ist einer der Gründe, warum Untertitel überhaupt eingesetzt werden.

Funktional interessant, aber komplett undokumentiert: Subtitle Composer.

Fazit
Trotz der vielversprechenden Ansätze sind Subtitld und Subtitle Composer derzeit wenig mehr als Projekte, die man im Auge behalten kann. Mit Subtitle Editor steht hingegen eine Open-Source-Software zur Verfügung, die professionellen Ansprüchen genügt – jedenfalls, solange sie unter Windows läuft. Eine vollständige Portierung auf Linux und macOS wäre daher wünschenswert und aus technischer Sicht wohl auch möglich.

Keines der besprochenen Programme kann indes Untertitel in Videos einbetten. Wie man das macht, werden wir demnächst erläutern.

Subtitle Edit: https://www.nikse.dk/
Subtitld: https://subtitld.jonata.org/
Subtitle Composer: https://subtitle­composer.kde.org/

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