Farben sind Taten des Lichts …

Im ersten Teil unserer ColorManagement-Serie haben wir genau definiert, was Farbe ist, und erklärt, wie man Farben misst. Im zweiten Beitrag der Reihe, die zusammen mit der Fogra entsteht, nehmen wir das Licht und die Beleuchtung unter die Lupe.

Über kaum ein anderes Thema lässt sich in der Druckbranche so kontrovers diskutieren wie über die zu verwendende Lichtart. Während in der TV-, Papier- oder auch der Textilindustrie die blauweisse Tageslichtart D65 verwendet wird, nutzt die Druckindustrie bereits seit 1976 standardmässig das warmweisse mittlere Tageslicht D50, was sich in der Praxis seither auch bestens bewährt hat. Im Folgenden erklären wir die Hintergründe für die Sonderstellung und zeigen auf, mit welchen Konsequenzen ein theoretisch denkbarer Umstieg auf die Lichtart D65 verbunden wäre.

Abb. 1: Identische Druckmuster unter drei verschiedenen Lichtarten (links: Bürolicht «Cool white Fluorescent», Mitte: Normlichtart D50 gemäss ISO 3664, rechts: Glühlampe). Wenn Sie als Druckdienstleister normkonform ­abmustern (Mitte), ihr Kunde aber nicht (links oder rechts), dann müssen Sie mit bösen Überraschungen rechnen…

Abmustern, aber richtig
Die Beleuchtung spielt bei der farbkritischen Abmusterung von Vorlage und Nachstellung (Reproduktion) eine wichtige Rolle. Wesentlich für den einzelnen Farbeindruck ist nicht nur die spektrale Zusammensetzung des vom Auge empfangenen Lichts (Farbreiz), sondern auch die jeweilige Stimmung des Auges. Letztere ist im Wesentlichen vom Inhalt des gesamten Gesichtsfelds und somit auch vom Umfeld des zu betrachtenden Objekts abhängig. Unter dem Umfeld wird die an die Probe angrenzende Fläche verstanden. Der Farbreiz wiederum ist durch die spektrale Verteilung des auf die Probe auffallenden Lichts und seine Reflexionseigenschaften charakterisiert. Hierbei muss im Kontext der Abmusterung grundsätzlich zwischen der Betrachtung von Durchlichtvorlagen (auch Durchsichtvorlagen genannt), wie beispielsweise fotografische Dias, und der Betrachtung von Auflichtvorlagen (auch Aufsichtvorlagen genannt), wie z. B. Drucke, Gemälde, Textilien oder Fotos, unterschieden werden. Während Durchsichtvorlagen eine definierte Hintergrundbeleuchtung benötigen, ist für die Betrachtung von Auflichtvorlagen – wie der Name erahnen lässt – eine Auflichtbeleuchtung Voraussetzung. Im Sinne einer branchenweit einheitlichen Durchführung der Farbabmusterung ist es dringend notwendig, wesentliche Einflussparameter der Abmusterbeleuchtung festzulegen. Dabei muss die Wirkung auf weiterführende Prozesse und Arbeitsschritte wie z. B. die Farbmessung oder die Datenaufbereitung (ICC-Farbmanagement) unbedingt berücksichtigt werden. Auf die durchgängige Verwendung einer einzigen Lichtart wird in der Praxis jedoch leider nicht immer geachtet. Das Ergebnis sind nicht selten Reklamationen und teure Nachbesserungen, da Kunde und Auftraggeber Vorlage und Druck (Nachstellung) unter verschiedenen Beleuchtungen betrachtet haben.

Farbe warm, Farbe kalt
Die aktuelle Praxis der Druckvorlagenherstellung zeigt einen drastischen Rückgang der Durchlichtvorlagen (Dias). Der Farbvergleich zwischen transparenten Vorlagen und dem Druckprodukt war in der grafischen Industrie allerdings ausschlaggebend für viele Richtlinien sowie für die Kompromissbildung bei der Entwicklung von Normvorgaben. Diese Kompromisse basieren auf den unterschiedlichen Abmusterungsanforderungen von Durchsicht- und Aufsichtproben, die im Folgenden beschrieben werden.

Transparente fotografische Vorlagen sind derart ausgelegt, dass sie bei Betrachtung mit einer Projektionslampe farbneutral erscheinen. Da Projektionslampen (mit Glühlampen) ungefähr eine Farbtemperatur von 3000 K bis 4000 K besitzen, erschien es zweckmässig, diesen Farbtemperaturbereich für die Abmusterung festzulegen. Dagegen ist für die Abmusterung von Aufsichtsvorlagen und Drucken keine Kunstlichtquelle notwendig. Es hat sich daher vielerorts eingebürgert, diese bei einem Tageslicht abzumustern, das in nördlichen Breiten beim Blick aus dem Nordfenster charakteristisch ist. Da die spektrale Verteilung des Tageslichts jedoch nicht konstant ist, sondern ort- und zeitabhängigen Schwankungen unterliegt, hat die internationale Beleuchtungskommission (CIE- Commission Internationale de l’Eclairage) sogenannte Tageslichtphasen als Normlichtarten festgelegt. Diese wurden von der Spektralverteilung des mittleren Tageslichts abgeleitet [Abb. 2] und sind durch ihre ähnlichste Farbtemperatur gekennzeichnet (z. B. D50, D65 oder D75).

Ausschlaggebender Grund für die Verwendung des Tageslichts ist, dass es in der Regel neutraler empfunden wird als die ­herkömmlichen Kunstlichtquellen (Glühlampen).

Der zuvor erwähnte Kompromiss der Druckindustrie, die Tageslichtart D50 für die Abmusterung und somit auch für die Farbmessung zu verwenden, hat folgenden Hintergrund. Die Anwender sollen durch unterschiedliche Vorgaben für die Abmusterung von fotografischen Durchsichtvorlagen (ca. 3800 K) und Drucken (ca. 6500 K) nicht unnötig verunsichert werden. Man will Druckbetrieben nicht zumuten, in der Reproabteilung andere Lampen zu installieren als im Drucksaal. Der Einfachheit halber wurde folglich mit D50 (≈ 5000 K) eine mittlere Farbtemperatur gewählt.

Abb. 2: CIE-Normlichtarten (durchgezogene Linien), Simulation mit Leuchtstofflampe (gestrichelte Linien) und Simulation mit Xenonlampe (schwarze Linie).

Von Regelungen und Reisezeit
Der bislang gültige Standard ISO 3664:2000 (Graphic technology and photography – Viewing conditions) wurde 2009 revidiert und somit durch ISO 3664:2009 ersetzt. Die Norm definiert eine Reihe von Kriterien, die für eine genaue Abmusterung notwendig sind. Die wichtigste Änderung in der 2009er-Norm ist der genaue Blick auf den Anteil an ultraviolettem Licht, also jenem nicht sichtbaren Teil der Strahlung, der uns gebräunt aus dem Urlaub wiederkehren lässt, wenn wir unsere Haut nicht vor dem UV-Licht schützen. Im Druckgewerbe dagegen braucht man diese UV-Strahlung ausdrücklich, um Papiere noch weisser aussehen zu lassen als sie eigentlich sind. Damit nämlich werden die aufwendig in die Papiere integrierten optischen Aufheller angeregt zu fluoreszieren, wodurch das Papier besonders weiss erscheint.

Abb. 3: Eine Auflistung der zertifizierten Partner und Unternehmen ist auf der Fogra-Website ­einsehbar.

Stellen Sie also sicher, dass Sie zumindest an einem Ort im Unternehmen die Möglichkeit der normkonformen Abmusterung besitzen – entsprechende Informationen sollte jeder gute Papierhersteller bereitstellen können. Die zertifizierten Abmusterungssysteme sind unter anderem auch auf der Fogra-Website zu finden.

Die Anforderungen an das Normlicht sind übrigens auch genau die gleichen, die für das Messgerät gelten. Wenn Sie also mit M1 messen (= ISO 13655) und mit M1 (= ISO 3664:2009) sehen, dann stimmen Messgerät und Auge gut überein. 

Das Forschungsinstitut für Medientechnologie Fogra wurde vor 70 Jahren gegründet und verfolgt als eingetragener, gemeinnütziger Verein den Zweck, die Druck- und Medientechnik in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Anwendung zu fördern und die Ergebnisse für die Druckindustrie nutzbar zu machen. Die Fogra zählt rund 900 Mitglieder aus verschiedenen Feldern des Druckgewerbes und hat ihren Sitz in Aschheim bei München.

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