Selbstcoaching – im Dialog mit sich selbst

Gutes Selbstmanagement bedeutet, sein eigener Coach zu sein. Mut und Selbsterkenntnis sind dabei die Schlüssel zum Erfolg. Doch wie lässt sich dies in die Tat umsetzen?

Nicht alles, was wir gelernt haben, ist nützlich. Der Mensch wird von Kindesbeinen an darauf trainiert, Fehler und Schwächen rasch zu finden. Die roten Markierungen in unseren Schulaufsätzen sind uns allen noch in bester Erinnerung, denn Fehler und Schwächen nehmen wir um ein Vielfaches mehr wahr als positive Aspekte. Oder haben Sie Ihre Aufmerksamkeit damals auf die nicht rot markierten Wörter im Aufsatz gelenkt? Wohl kaum, obwohl diese in der Überzahl waren. Denken Sie an Ihr letztes Mitarbeitergespräch. Nach einer fünfminütigen «Sie machen ja einiges ganz gut»-Phase wurde bereits dazu übergegangen, ausführlich zu diskutieren, wo Verbesserungen und Anstrengungen gewünscht wären. Doch, bringt dies den Menschen wirklich weiter? Selbst wenn Veränderungen durchaus wünschenswert sind, so gehe ich einig mit Johann Wolfgang von Goethe:

«Wenn wir, sagtest du, die Menschen nur nehmen, wie sie sind, so machen wir sie schlechter. Wenn wir sie behandeln, als wären sie, was sie sein sollten, so bringen wir sie dahin, wohin sie zu bringen sind.»

Die Kraft der Selbstermutigung
Ein Mensch kann über sich selbst hinauswachsen. Doch was braucht es dazu? In erster Linie eine grosse Portion Mut. Wir alle führen täglich rund 4000 (!) Selbstgespräche, die wir oft gar nicht wahrnehmen, und 70 Prozent davon haben einen negierenden Inhalt. Diese negativen Selbstgespräche rauben Energie und Lebensfreude. Sie führen direkt in die gedankliche und gefühlsmässige Abwärtsspirale. Menschen kennen das Gefühl der Unzulänglichkeit und verstärken es durch entsprechende Gedankengänge. Diese sind körperliche Arbeit und verbrauchen wie jede andere Tätigkeit Energie. Die (unbewussten) direktiven Selbstgespräche haben Auswirkungen auf das gesamte Erleben.

Als Folge von negativen Monologen machen sich Unsicherheit, Sorgen und Selbstzweifel stark. Das Unwirtschaftliche daran ist, dass wir uns gerade dann, wenn wir unsere Ressourcen am meisten bräuchten, häufig selbst schwächen. Anstelle eines «so was habe ich schon mal hingekriegt, das schaff’ ich wieder» macht sich ein «ich weiss nicht recht, es ist so lange her» breit. Durch Selbstcoaching lassen sich wenig hilfreiche Denkprozesse erkennen und gezielt steuern. Der Mensch braucht ein gesundes Denken! Ein Denken, das ihn fit, stabil und nachhaltig durch das Leben bringt. Eben ein mutiges Denken. Nutzen Sie die Kraft der Gedanken zum Selbstcoaching. Als Selbst-Ermutiger bauen Sie Feindbilder ab und stoppen den negativen inneren ­Dialog. Erleben Sie, dass mehr möglich ist, als Sie für möglich gehalten haben.

«Ich bin mein eigener Coach» – Ein Leitfaden, der bei der Entfaltung des eigenen Potenzial unterstützt.

Das «Selbstentwickler»-Prinzip
Jeder Mensch vereint verschiedene Eigenschaften und Möglichkeiten in sich. Es gilt zu erkennen und zu beobachten, in welchen Lebenssituationen welches Persönlichkeitsmerkmal zum Tragen kommt. Wir sprechen dabei von Grundrichtungen, die jedem Mensch eigen sind, deren Anteile unterschiedlich stark ausgeprägt sein können und je nach Situation als gewinnbringend oder weniger hilfreich erlebt werden.

Urs R. Bärtschi, an wen richtet sich Ihr Buch?
An Leserinnen und Leser, die sich selbst besser einschätzen wollen. Gerade die Beschreibungen der vier Protagonisten auf der eigenen, inneren Bühne geben einen amüsanten Aufschluss über die eigene Persönlichkeit. «Susi Geschäftig», «Alex Konsequent», «Gabriela Freundlich» und «Stefan Gemütlich» verkörpern in meinem Buch auf sympathische Art und Weise die vier Grundrichtungen, die jeder Mensch als Eigenschaften und Möglichkeiten in sich trägt. Das Buch ermutigt, sich selbst in allen Selbstkompetenzen wahrzunehmen und diese zu fördern. Der ressourcenorientierte Blick auf die eigenen Stärken hilft, sich selbst unverkrampft gegenüberzutreten und fast spielerisch die eigene Person «von aussen» zu betrachten.

Wie kann das Modell für den beruflichen Lebensweg hilfreich sein?
Gutes Selbstmanagement bedeutet, sein eigener Coach zu sein. Mut und Selbsterkenntnis sind dabei die Schlüssel. Die eigene Selbsterkenntnis führt dabei immer auch zu einem besseren Verständnis des Gegenübers, ob Mitarbeitende oder Vorgesetzte. Gelungenes Selbstcoaching führt zu Autonomie und sicherem Handeln. Eigene Zielsetzungen werden Schritt für Schritt erreicht, wenn der Mensch sich selbst gut kennt.

Wie wenden Leserinnen und Leser das gewonnene Wissen auf sich selbst an und werden zu ihrem eigenen Coach?
Indem sie ihren inneren Dialogen gut zuhören. Achten Sie dabei besonders gut auf die «Darsteller» – auf jene Stimmen, die sich im Trubel des Lebens stark machen und sich in den Vordergrund spielen, und auf jene, die in den Hintergrund gedrängt werden: «Nur keine Langeweile! Schnell! Das schaffst du noch heute!», ruft der Geschäftige. «Alles oder nichts! Punktgenau! Sicherheit!», fordert der Konsequente. «Harmonie! Rücksichtnahme auf alle!», erbittet der Freundliche. «Zeit! Und bitte ohne Druck und Stress!», ist der Anspruch des Gemütlichen. Alle vier stehen als Ressource und zur Selbstlenkung in unterschiedlichen Ausprägungen zur Verfügung. Die einzelnen Typen habe ich bewusst griffig beschrieben, damit sie einen hohen Erkennungswert haben. Das Buch leitet an, mit sich selbst in den Dialog zu treten und mit den «inneren Stimmen» konstruktiv umzugehen.

Kürzlich haben Sie ein weiteres Buch ­veröffentlicht. Warum?
Nach einem Jahr Lockdown müssen wir dringend mehr über die (psychische) Gesundheit reden. Beispiel Arbeit: Homeoffice und das Schweigen in den ZOOM-Meetings erzeugen menschliche Distanz und vereinfachen den Führungskräften die Aufgabe nicht, den einzelnen Mitarbeiter wahrzunehmen. Ganz zu schweigen von der privaten Vereinsamung.

Power, ganz individuell: Bärtschi erklärt in ­seinem Buch, wie ­unterschiedliche Charaktere ihre Widerstandskraft äussern können.

Statistisch gesehen haben nur wenige Menschen keine gesundheitlichen Probleme. Fühlen Sie sich gesund und vital? Dann seien Sie stolz und zufrieden. Jeden Morgen mit einem grossen Gefühl der Dankbarkeit aufzustehen, ist ein Privileg. Sollten Sie sich nicht so vital fühlen: Zählen Sie einfach einmal auf, was alles an Ihrem Körper funktioniert. Erstaunlich viel, werden Sie nach einer Minute realisieren.

Dankbare Menschen erleben den Alltag positiver und dadurch fühlt man sich auch gleich besser. Mit dem Buch «Innere Stärke auf meine Art» habe ich im vergangenen Jahr ein Ratgeberbuch geschrieben. Den Leser lade ich ein, sich mit der eigenen psychischen Widerstandskraft auseinanderzusetzen. Das Buch beschäftigt sich mit der eigenen Wesensart und gibt viele Impulse zum Nachdenken. Der Leser wird angeregt zu reflektieren. Mit Denkanstössen zur Stärkung der psychischen Widerstandsfähigkeit und dem Justieren der inneren Balance, trifft das Buch die aktuelle Thematik. Die Erörterungen sind leicht verständlich und doch mit Tiefgang formuliert. 

Urs R. Bärtschi ist seit 30 Jahren Berater und Coach, Inhaber von Bärtschi Seminare und Beratungen in Kloten und Dozent an der Akademie für Individualpsychologie GmbH in Kloten (Schweiz). 2014 erschien sein Buch «Ich bin mein eigener Coach», das seit 2020 in einer dritten, überarbeiteten Auflage vorliegt, und seit Jahren in den «Top-Ten der Schweizer Wirtschaftsbücher» rangiert. Mehr über Urs Bärtschi und seine Bücher unter: urs-r-baertschi-coaching.ch

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