Die komplette Ausbildung in Form eines Zeitstrahls

Die Totalrevision der Bildungsvorgaben für die Berufslehre Gestalterin/Gestalter Werbetechnik EFZ wurde im Sommer 2022 abgeschlossen und muss sich nun in der Praxis bewähren.

Was ist überhaupt neu und wie zeigt sich die Handlungskompetenzorientierung (HKO) im Unterricht an der Berufsfachschule? Die Visualisierung der schulischen Ausbildung in Form eines Zeitstrahls soll allen Beteiligten helfen, einen guten Überblick zu erhalten.

Lehrplan für Berufsfachschulen
Der Lehrberuf Gestalterin/Gestalter Werbetechnik EFZ erfreut sich seit vielen Jahren stabiler Lernendenzahlen. Entsprechend wichtig war es allen an der Totalrevision Beteiligten, funktionierende Ausbildungsinhalte zu pflegen und das Berufsbild dennoch fit für die Herausforderungen der Zukunft zu machen. Nachdem das SBFI (Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation) die Bildungsverordnung und den Bildungsplan im Sommer 2021 genehmigt hatte, konnten die einzelnen Lernorte im vergangenen Jahr die entsprechenden Lerninhalte im Detail entwickeln. Dabei war es zentral, dass die Ausbildungsinhalte in sämtlichen Bereichen immer wieder aufeinander abgestimmt wurden und die verantwortlichen Arbeitsgruppen in einem regelmässigen Austausch standen.

Den Berufsfachschulen stellte sich die Herausforderung, dass der komplette Unterricht neu konsequent an Handlungskompetenzen orientiert aufgebaut sein muss. Für die Erarbeitung der schulischen Inhalte wurde eine Arbeitsgruppe aus fünf Lehrpersonen gebildet (Andreas Kröner, Roger Mettauer, Mathieu Krayer, Andreas Borter und ich), welche die drei Schulstandorte in Bern, Lausanne und Zürich repräsentieren. In dieser Gruppe haben wir uns, begleitet von Hans-Heini Winterberger (Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung EHB), intensiv mit den einzelnen Lerninhalten, aber auch mit der Handlungskompetenzorientierung an sich auseinandergesetzt. Dabei war es eine grosse Bereicherung, dass sich alle drei Schulstandorte an der Arbeit beteiligt haben und dadurch ein äusserst spannender Austausch stattfinden konnte. Auf diese Weise war es möglich, auch die kulturellen Unterschiede und die gewachsenen Strukturen der einzelnen Schulstandorte in den gemeinsamen und national gültigen Lehrplan für Berufsfachschulen einfliessen zu lassen. Das erarbeitete Dokument bildet die verbindliche Grundlage für die Schullehrpläne, die an jedem Schulstandort individuell entwickelt werden. Ein zentrales Anliegen der Arbeitsgruppe war es, einen möglichst umfangreichen Konsens bezüglich der Lerninhalte zu erreichen und damit schweizweit eine stimmige schulische Ausbildung zu ermöglichen.

Handlungskompetenzorientierung
Die Handlungskompetenz ist derzeit omnipräsent in der Pädagogik. Doch was ist damit gemeint und – noch wichtiger – welche Auswirkungen hat sie letztlich auf den Unterricht? Das SBFI definiert HKO folgendermassen: «Handlungskompetent ist, wer berufliche Aufgaben und Tätigkeiten eigeninitiativ, zielorientiert, fachgerecht und flexibel ausführt.» Die Auseinandersetzung mit den Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit HKO und den didaktischen Überlegungen zum Unterricht in der Arbeitsgruppe erlebte ich als besonders wertvoll.

Als Resultat dieses Prozesses haben wir uns darauf geeinigt, die schulischen Lerninhalte neu über die komplette Ausbildung hinweg anhand von sogenannten «Lernfeldern» zu strukturieren. Dabei bilden die Lernfelder exemplarisch «berufliche Situationen» aus der Praxis ab. In den jeweiligen Lernfeldern werden dann die entsprechenden Lerninhalte auf dem erforderlichen Niveau und unter Berücksichtigung der verschiedenen Themen zusammengefasst. Die Bearbeitung eines Lernfeldes soll die Lernenden also dazu befähigen, in einer modellhaften beruflichen Situation kompetent zu handeln.

Zeitstrahl als PDF

Handlungskompetenzbereiche statt Fächer
Eine offensichtliche Veränderung im neuen Lehrplan ist die Auflösung von «Fächern» zugunsten von «Handlungskompetenzbereichen». Das Kompetenzprofil im Bildungsplan fasst die einzelnen Handlungskompetenzen zusammen und bildet die Basis für die beiden Bereiche «Gestaltung» und «Werbetechnik». Die zuvor erwähnten Lernfelder wie auch die Zeugnisnoten in der Berufskunde orientieren sich neu an diesen beiden Bereichen.

Grundsätzlich werden ganz viele bisher behandelte Lerninhalte auch weiterhin vermittelt, allerdings deutlich stärker vernetzt und zu einem besseren Verständnis seitens der Lernenden mit möglichst viel Praxisbezug erklärt. Die einzelnen Kompetenzen werden kontinuierlich aufgebaut und mit einer steigenden Komplexität über die komplette Lehrzeit hinweg gefestigt. Das bisher vermittelte Wissen ist also weiterhin die Grundlage der schulischen Ausbildung, wird aber mit einem neuen und hoffentlich noch zielführenderen didaktischen Ansatz thematisiert. Ein zusätzlicher Vorteil der Strukturierung des Lehrplans anhand der Lernfelder ist sicherlich der gezielte Einbezug der Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz, während in der bisherigen Fächerstruktur meist die Fachkompetenz der Lernenden im Fokus stand. Damit wird auch der Entwicklung sowie den Anforderungen des zukünftigen Arbeitsmarkts Rechnung getragen.

Wie die Übersicht behalten?
Eine grosse Herausforderung ist bei jeder Neuerung mit vielen Beteiligten, die Ideen und Veränderungen transparent und verständlich zu kommunizieren. Ein Lehrplan mit beinahe vierzig Seiten Umfang ist dabei als Einstieg nicht unbedingt hilfreich, auch wenn die detaillierten Ausführungen durchaus zentral sind. Wie aber ermöglichen wir, dass Lernende, Ausbildner, Lehrpersonen, Eltern und weitere Interessengruppen unseren Lehrplan mit den einzelnen Lernfeldern möglichst rasch und richtig verstehen und für ihre Belange nutzen können?

Mit dieser Frage beschäftigten wir uns in der Arbeitsgruppe intensiv. Dabei entstand die Idee, eine Gesamtübersicht der schulischen Ausbildung in Form eines Zeitstrahls zu gestalten. Diese Übersicht ist als Ergänzung zu den offiziellen Dokumenten gedacht und national anwendbar. So werden darauf nur jene Inhalte abgebildet, die für alle drei Schulstandorte Gültigkeit haben.

Ich wurde mit der Aufgabe betraut, diesen Zeitstrahl übersichtlich und ansprechend zu gestalten. Die Ausbildungsübersicht sollte die Handlungskompetenzbereiche und deren Unterteilung in die Bereiche «Gestaltung» und «Werbetechnik», die einzelnen Lernfelder mit der beruflichen Situation und den behandelten Themen, die zeitliche Zuordnung während der Ausbildung, die Informationen zu den Autoren sowie den Bezug zu den «Überbetrieblichen Kursen» (ÜK) aufzeigen. Die Visualisierung ist bewusst etwas freier als die übrigen Dokumente gestaltet. Die gewählte Form soll einladend wirken und einen einfachen Zugang zu den durchaus komplexen Inhalten ermöglichen. Ein besonderes Augenmerk habe ich auf die Illustrationen gelegt, die ich für jedes Lernfeld individuell gestaltet habe.

Dieser Zeitstrahl soll die Lernenden während der kompletten Ausbildung begleiten und ihnen immer wieder eine Orientierung zu ihrem aktuellen Ausbildungsstand ermöglichen. Darüber hinaus wird er allen Interessierten auf der Website des Verbands Werbetechnik+Print (VWP) zur Verfügung gestellt.

Persönliches Fazit
Ich hatte zum ersten Mal das Vergnügen, im Rahmen einer solchen Arbeitsgruppe an einem neuen Lehrplan mitzuarbeiten. Wenn ich nun an meiner Schule an den neuen Lernmitteln arbeite und meinen eigenen Unterricht vorbereite, wird mir bewusst, wie stark ich durch die Mitarbeit im Rahmen der Totalrevision des Berufsbildes profitieren konnte. Meinen engagierten Kollegen aus der Arbeitsgruppe bin ich für die konstruktive Zusammenarbeit sehr dankbar. Ich freue mich, dass ich mit der Gestaltung der Gesamtübersicht zur Ausbildung etwas Persönliches beitragen konnte, was hoffentlich all jenen hilft, die in Zukunft den wunderbaren Beruf als Gestalterin/Gestalter Werbetechnik EFZ erlernen werden.

Dominique Kerber ist Berufsfachschullehrer und Dozent (Schule für Gestaltung Zürich), Typografischer Gestalter, Typedesigner und Mitglied der Prüfungskommission HFP/BP des VWP.

  • Autor Dominique Kerber
    Dominique Kerber ist Typedesigner, Typografischer Gestalter, Berufsfachschullehrer (Schule für Gestaltung Zürich) und Mitglied der Prüfungskommission HFP des VWP.
  • Rubrik Werbetechnik
  • Dossier: Publisher 4-2022
  • Thema Ausbildung, VWP

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