Zwei starke X-Kameras für Profis

Fujifilm adressiert mit der X-H1 und X-T3, den zwei jüngsten Spiegellosen, ­professionelle Fotografen und Filmschaffende. Erfahren Sie, wie sich die beiden ­Topmodelle in der Praxis schlagen.


Die spiegellosen Systemkameras des 2012 lancierten X-Systems von Fujifilm begeistern seit längerem viele Fotofans, galten dennoch eher als eine Art Geheimtipp unter versierten Fotografen. Mit der X-H1 als erste dedizierte Profikamera der X-Reihe sowie einer überraschend starken, in ­einigen Punkten gar führenden X-T3, ist das X-System vergangenes Jahr ohne grosses Marketing­getöse in der Profiliga angekommen.

Der Profi und der Überflieger

Mit der X-H1 hat Fujifilm im Februar 2018 eine spiegellose Systemkamera angekündigt, die einerseits mit Profiattributen wie einem robusten, wetterfesten Gehäuse, schnellem AF und hohem Serienbildtempo Fotoprofis ansprechen will und andererseits mit starken Videofunktionen versierte Filmer adressiert. Sie ist zudem die erste und bislang einzige Fuji mit kamerainternem Bildstabilisator (IBIS, In Body Image Stabilisation) und stellt das Flaggschiff des X-Systems dar. Im September folgte dann die von vielen erwartete X-T3 als Nachfolgerin der zweijährigen X-T2. Die T3 entspricht in Form, Bedienung und Funktionsumfang weitgehend ihrer Vorgängerin, wurde aber in etlichen Punkten verbessert und auf ein Leistungsniveau angehoben, das sie in der Profiliga mitspielen und sogar die X-H1 überflügeln lässt. (Eine Gegenüberstellung der «Specs» finden Sie online.)

Die T3 hat nicht nur vieles von der T2 geerbt, sondern auch die neuste Technik von der höher positionierten, teureren H1 übernommen (z.?B. OLED-EVF, Touch-LCD, Bluetooth). Die T3 ist der H1 deshalb ebenbürtig und übertrumpft diese sogar in einigen Punkten. So beim neuen Bildsensor (26 Mpx), beim Autofokus und vor allem beim schnelleren Prozessor, der mehr Serienbildtempo und stärkeren Videooutput (z.?B. 4K mit 60 fps, 10-Bit-Video) bringt. Nur was die Robustheit und kamerainterne Bildstabilisation anbelangt, ist die H1 klar im Vorteil.

Gehäuse und Ausstattung

Bei allen Kameras des X-Systems setzt Fujifilm auf das Sensorformat APS-C mit Massen von rund 23 × 15 mm, während die meisten anderen Marken inzwischen auch bei Spiegellosen dem Trend hin zu grossen Bildsensoren im Kleinbildvollformat (36 mm × 24mm, kurz KB) folgen. Übrigens hat sich Fuji dem Trend zu grossen Sensoren nicht entzogen, sondern hat 2017 mit ihrem GFX-Mittel­formatsystem (44 × 33 mm) noch eins drauf­gesetzt. Details zur Entwicklung der Spiegellosen mit einer Übersicht aktueller «Profi»-Modelle samt X-H1 und X-T3 sind in Publisher 6/2018 nachzulesen.
Die X-H1 hat einiges von der X-T2 (2016) und ebenso vom Mittelformatmodell GFX 50S (2017) übernommen. Die H1 ist schneller und bietet ausgefeiltere Videofunktionalitäten als jene.

Die H1 ist mit dem von Fuji designten «X-Trans CMOS III»-Bildsensor ohne Tiefpassfilter und dem höher getakteten «X Prozessor Pro 3» ausgestattet, beide wurden schon in der T2 verbaut. Einen Schritt weiter ging Fujifilm bereits ein halbes Jahr später mit der T3 und ihrem «X-Trans CMOS IV»-­Sensor samt neuem, schnellerem «X-Prozessor 4». Bei der Auflösung bieten die H1 mit 24 Mpx und die T3 mit 26 Mpx aktuell gängige Werte.

Gegenüber dem früheren Flaggschiff X-T2 bringt die H1 Detailverbesserungen und Neuerungen mit. Dazu gehören ein verbesserter Autofokus, der mit wenig Licht (bis EV –1) funktioniert und eine bessere Motivverfolgung gewährleistet. Auch hier punktet die modernere T3, da ihr AF mit noch weniger Licht auskommt (bis EV -3) und die AF-Phasendetektionssensoren nahezu die gesamte Sensorfläche abdecken. Die Fujis bieten nicht nur einen guten Gesichtserkennungs-­­AF, sondern auch automatische Fokussierung auf ­Augen mit Vorwahl zwischen dem linken, rechten oder des jeweils näherliegenden Auges.

Beide Kameras verfügen nicht nur über WiFi/WLAN für den Bildtransfer, sondern erstmals auch über Bluetooth für die Kommunikation mit einem Smartphone (z.?B. für GPS-Daten).

Um in häufigen, intensiven Einsätzen und selbst in widrigen Umgebungen noch zu funktionieren, ist die H1 mit 100 Dichtungen gegen Spritzwasser und Staub geschützt sowie kälteresistent bis minus 10 Grad. Das Gehäuse aus einer Magnesiumlegierung ist 25 Prozent dicker als das der T2 und auch der T3, die ebenfalls spritzwasserfest, aber nicht ganz so robust sind.

Wegen der Robustheit wiegt die H1 mehr als die T2 und die T3. Die H1 bringt mit Akku (47 g) 673?g auf die Waage. Mit Griff (leer 300 g), insgesamt drei Akkus und dem Standardzoom 2.8/16–55?mm (KB 24–82,5?mm, 655?g), sind es total 1750 g. Gross und schwer ist für eine Profikamera nicht unbedingt ein Nachteil – gerade mit schwereren, längeren Objektiven. Die X-T3 kommt auf 539?g mit demselben Akku.

Sucher und LCD

Der elektronische OLED-Sucher der H1 und der T3 löst mit 3,69 Millionen Punkten fein auf und zeigt das Sucherbild mit einer Bildaufbaurate von ordentlichen 60 Hz, die im energiehungrigen Boost-Betrieb auf ruckel- und flimmerlose 100 Hz gepusht wird. Die Dunkelphase nach einer Aus­lösung dauert bei der H1 gerade mal einen Lidschlag, die stärkere T3 kommt sogar ganz ohne aus.

Helligkeit und Farbe des Sucherbildes lassen sich einstellen, nicht aber der Kontrast. Letzterer ist ein wenig hoch und unterschlägt Zeichnung. Das verleitet zu unnötigen Belichtungskorrek­turen. Abhilfe schafft die Display-Konfiguration ­«natürliche Liveansicht».

Der rückseitige 3-Zoll-Touchscreen lässt sich nach oben und unten sowie seitlich neigen, um Aufnahmen im Quer- und im Hochformat aus ­hohen und tiefen Positionen zu schiessen. Allerdings erlaubt der LCD keine Selfie-Position. Doch da hilft die Fernbedienung per Smartphone-App weiter.
Bei aktiviertem Touch-Modus können die H1 und T3 über den LCD gesteuert werden. Dies gefällt besonders für die AF-Positionierung, das Auslösen per Fingertipp sowie beim Filmen ohne Bediengeräusche.

Energieversorgung

Die H1 und T3 (auch T2) nutzen denselben, kleinen Akku wie die anderen Kameras der X-Reihe, bevorzugen aber die thermisch optimierte S-Variante WP-NP126S (wichtig wegen Erhitzung bei 4K- Videos). Gemäss Herstellerangaben reicht der Akku in der H1 für ca. 300 Fotos, im Boost-Modus für rund 200, was die Praxistests bestätigten. Der Boost-Modus erhöht die Kameraleistung (u. a. ­Serienbilder, EVF-Bildrate), senkt aber die Akkureichweite um ein Drittel. Bei der T3 liegen sogar 390 Fotos drin. Praktisch ist, dass sich Akkus mit dem mitgelieferten Ladegerät oder in der Kamera per USB (USB 3.1 Typ C) laden lassen.

Zur H1 ist der Vertikal-Batteriegriff VPB-XH1 optional erhältlich. Er sorgt für optimalen Halt- und komfortable Bedienung bei Hochformataufnahmen. Dank zwei Akkus wird mit ihm die Betriebszeit verdreifacht. Er erhöht zudem das Serientempo, verlängert die 4K-Videoaufnahmedauer von 15 auf 29 Minuten, bietet eine Kopfhörerbuchse und dient als Dual-Akkuladegerät. Auch zur T3 ist mit dem VG-XT3 ein Griff verfügbar, der jedoch keine Leistungssteigerung bewirkt.

Foto- und Videoaufnahme

Die H1 wurde auf Leistung für Fotoprofis, insbesondere im Sport- und Reportagebereich, getrimmt. Da sind schnelle Bildfolgen essenziell. Die H1 schafft mit ihrem mechanischen Verschluss bis zu acht Fotos pro Sekunde (fps) und mit dem Griff sogar 11?fps. Wird mehr Tempo benötigt, lassen sich mit geräuschlosem, elektronischem Verschluss 14 fps erzielen. Die T3 schafft 11 fps auch ohne Griff, mit elektronischem Verschluss sogar 20 fps. Mit einem Sensor-Crop und reduzierter Auflösung (16Mpx) sind gar 30 fps möglich.

Mit mechanischem Verschluss stehen 1/8000 s als kürzeste Zeit zur Verfügung, mit elektronischem liegen sogar 1/32?000 s drin. Allerdings können mit dem E-Shutter bewegte Bildpartien verzerrt abgebildet werden, was der zeilenweisen Sensorauslesung geschuldet und als Rolling-­Shutter-Effekt bekannt ist. In der T3 fällt dieser Effekt durch die schnellere Auslesung geringer aus.

Die H1 wurde als erste Fuji auch mit Blick auf Filmschaffende entwickelt. So bietet sie z.?B. extra hochwertige Aufzeichnung (bis 200 Mbps), Timecode und 24-bit/48-kHz-Ton. Videos können als DCI Cinema-4K (4096×2160 px @?24 p) und in 4K-UHD (3840×2160, bis 30 p) aufgezeichnet werden. Selbstverständlich kann auch in Full HD gefilmt werden, wo neben üblichen Bildraten bis 60?fps auch Aufnahmen mit 120 und 100?fps und somit insgesamt 2-, 4- oder 5-fache Zeitlupen möglich sind.

Die T3 setzt auch für Videoaufnahmen noch eine Schippe drauf, indem sie bei beiden 4K-Formaten sogar 60 p unterstützt, dies allerdings mit 1,25-fachen Sensorcrop/-Ausschnitt. 60 p bei 4K beherrscht derzeit kein anderer Fotoapparat! Für maximale Qualität kann die T3 ihre Videodateien besonders gering komprimieren (bis 400 Mbps).

Für Spielraum beim Color Grading in der Nachbearbeitung beherrschen die H1 und die T3 die Aufnahme in F-Log, also mit flacher Gradation in grossem Farbraum. Sie bieten zudem den Bildstil «Eterna», der das gleichnamige Filmmaterial nachahmt. Mit dezenten Farben und Kontrasten sowie schönen Hauttönen eignet sich der Eterna-Look für unbearbeitete Direktpublikation.

Anders als man von einer Kamera für Filmer erwarten würde, beherrscht die H1 keine 10-Bit-­Videoaufnahme. Die T3 kann dagegen 10-Bit-Videos – extern (4:2:2) per HDMI und sogar intern (in 4:2:0) – und somit nuancierter aufzeichnen. Sie unterstützt neben dem H.264- auch den effizienteren H.265-Codec.

Ein Manko der H1 ist das Fehlen des für die Tonkontrolle unverzichtbaren Kopfhörerausgangs, der wegen der heute weniger wichtigen Fernsteuerungsbuchse in den optionalen Griff verbannt wurde. In der kleineren T3 fand Fuji dagegen Platz dafür.

Handling

Die H1 kommt wie die T3 und alle T-Modelle in einem SLR-ähnlichen Gehäuse, wobei die H1 technischer, kantiger wirkt. Die H1 ist die grösste und schwerste im X-System und entspricht kleineren DSLRs. Grösse und Gewicht sind der robusten Bauweise mit dickeren Wänden, der integrierten Technik und Kühlung geschuldet. Als Profi-Werkzeug geht dies aber in Ordnung, zumal sie mit deutlich hervorstehender Griffwulst und ausgeprägter rückseitigen Daumenstütze gut in der Hand liegt. Die kompakte T3 besitzt dagegen eine kleine Griffwulst. Für besseren Halt sorgt die optionale Griffverlängerung oder der Hochformatgriff.

Wie die GFX 50s besitzt die H1 auf der rechten Oberseite anstelle des EV-Korrekturrads ein monochromes Status-LCD (3,25 cm) mit den aktuellen Aufnahmeparametern. Dessen Anzeige wechselt zwischen Foto- und Videobetrieb und lässt sich konfigurieren. Dennoch wäre ein EV-Rad praktischer, da viele Parameter ohnehin an Bedienelementen (z.?B. Blendenring, ISO-Rad) und auf dem neigbaren LCD ablesbar sind. Die T3 besitzt dagegen das bewährte EV-Rad für schnelle Belichtungskorrekturen.

Auf den Oberseiten beider Kameras sind je ein griffiges, arretierbares Zeit- und ISO-Wahlrad vorhanden. Gut gelegen sind die beiden Einstellräder für Daumen und Zeigefinger, die sich zudem Drücken lassen (z.?B. Aktivieren der Sucherlupe). Praktisch ist der Joystick für die AF-Positionierung. Darüber hinaus verfügen die H1 und T3 über mehrere gut positionierte, individuell belegbare Tasten für die wichtigsten Einstellungen.

Die Fujis bieten viele Konfigurationsmöglichkeiten. Dadurch sind die Menüeinträge sehr umfangreich. Einige sind irritierend benannt, unglücklich abgekürzt oder zu versteckt. Praktischerweise können bevorzugte Menüeinträge unter «MY» zusammengestellt werden. Dann gibt es noch das Quick-Menü mit 15 Aufnahmeparametern auf einer Seite, die sich dort rasch ändern lassen. Der Benutzer kann sieben eigene Q-Menü-Seiten speichern. Das Quick-Menü wird per Q-Taste aufgerufen. Bei der H1 sitzt diese unglücklich auf der Daumenstütze. Sie und auch der leichtgängige AF-Joystick wurden beim Handling öfters unabsichtlich betätigt. Bei der T3 ist die Q-Taste besser, weil sie weiter innen platziert ist.

H1 und T3 in der Praxis

Hat man die Kameras individualisiert und sich an sie gewöhnt, lässt sich professionell mit ihnen arbeiten. Der Autofokus der H1 arbeitet schnell und präzise, allerdings gibt es immer wieder mehrere AF-Ausreisser – nicht nur bei Serien. Die T3 ist da etwas zuverlässiger. Ausgesprochen nützlich ist der Augenerkennungs-AF, der nur bei wenig Licht (z. B. Innenräume) etwas Mühe bekundet. Die Kamera liefert Aufnahmen in einer sehr guten Bildqualität – scharf mit ansprechenden, ausgeglichenen Farben, wobei bereits die JPEGs hohen Ansprüchen gerecht werden. Hilfreich ist die Wahl eines passenden Bildstils bzw. einer Filmsimulation (z.?B. «Astia» für weich). Diese ahmen mehrheitlich klassisches Filmmaterial nach. Nur bei Motiven mit hohem Kontrastumfang stossen beide Kameras an Grenzen und man wünscht sich etwas mehr Dynamik. Die besten Ergebnisse erzielt man mit ISO-Werten bis 800. Bei ISO 3200 fällt bei sehr genauer Betrachtung schwaches monochromes Rauschen mit minimalem Farb- und Detailverlust auf. Dennoch ­liefern höhere ISO-Werte bis 12 800 gefällige Bilder. Selbst stärkeres Helligkeitsrauschen stört wenig, wirkt es doch wie Filmkorn. Je nach Motiv hilft dann eine Variation der Rauschreduktion, wobei die stärkste für homogene Flächen sorgt und ­Bilder weich macht, Fotos aber nicht als Aquarelle erscheinen lässt.

FaZitt

Mit der X-H1 und der X-T3 hat Fujifilm ihre bislang leistungsstärksten und vielseitigsten Kameras lanciert, die zudem mit echt guter Bildqualität brillieren. Bei beiden mischt Fujifilm an der Spitze der Spiegellosen und in der Profiliga mit. Bei der X-T3 hat Fuji das meiste aus der H1 übernommen und in das kompaktere Gehäuse noch mehr Leistung gepackt. Sie markiert derzeit die Spitze in puncto Videofähigkeiten unter allen Foto­appa­raten.

Für eine Fujifilm als Profiwerkzeug sprechen auch die regelmässigen, z. T. erheblichen Funktionserweiterungen per Firmware-Upgrade und die umfangreiche und vielseitige Objektivpalette mit etlichen hervorragenden Modellen. Die professionellen Ansprüche unterstreicht Fujifilm auch durch die seit Herbst 2018 kostenlos verfügbare Raw-Software «Capture One for Fujifilm».

In der Schweiz wird die X-H1 ohne Objektiv für 2199 Franken (UVP) und als Kit mit dem Griff VPB-XH1 inkl. Zusatzakkus für 2539 Franken angeboten. Wer die Kamera intensiv braucht, ist mit dem Kauf des Kits gut beraten. Ein Kamera-Objektiv-Kit gibt es nicht. Die X-T3 ist unter der H1 positioniert und kostet 1699 Franken. Hier gibt es für 2149 Franken ein Kit aus T3 und dem kompakten XF 18–50 mm F2,8–4 mit Bildstabilisator.

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